Mehr Raum für die Natur

Beim 18. NaturVision Filmfestival haben sich rund 130 Filme zu Tier, Natur und Umwelt mit Klima- und Artenschutz und relevanten Zukunftsfragen auseinandergesetzt, wie Green Flm Shooting-Autor Bernd Jetschin berichtet. Der Eröffnungsfilm Der Bach von Jan Haft ist ein leidenschaftliches Plädoyer dafür, die verbliebenen natürlichen Lebensräume der Heimat besser zu schützen. Auch das Festival selbst ergriff die Initiative. Mit dem Ludwigsburger Appell wollen das Festival und die Naturfilmer die Politik in die Pflicht nehmen, mehr für den Erhalt natürlicher Lebensräume zu tun.

 

„Längst hat der Mensch viele der so genannten „Naturparadiese“ in Besitz genommen und auf wenige Quadratkilometer schrumpfen lassen“, heißt es in dem Appell, mit dem sich das NaturVision Filmfestival unter der Leitung von Ralph Thoms, sein Team und zahlreiche eingeladene Naturfilmer, Redakteure, Kameraleute und Produzenten an die Öffentlichkeit richten.“ Immer häufiger sind die Tiere in den Filmen die letzten ihrer Art. Doch unsere Filme wollen kein Abgesang auf eine sterbende Natur sein. Wir wollen unsere Geschichten über die Wunder der Natur auch in Zukunft erzählen.“ Gemeinsam rufen Filmemacher und Festival die Politik auf, für ausreichende funktionierende Schutzgebiete zu sorgen und sich für eine Abkehr von der industrialisierten Agrarwirtschaft zum generellen Schutz der Böden, Gewässer und Meere einzusetzen.

 

Zahlreiche Filme zeigen die Schönheit der Erde, begeistern mit teils spektakulären Aufnahmen für die Vielfalt des Lebens und mahnen zu einem respektvollen Umgang mit der Natur. Jan Haft ist ein Meister der Kamerakunst. Mit Makroaufnahmen, Zeitraffern und seltenen Tonaufzeichnungen gelingt es ihm in seinen Filmen die Faszination für eher unscheinbare Lebensräume zu wecken und Verborgenes sichtbar werden zu lassen. Sein Film Der Bach ist eine Einladung, in ein faszinierendes Ökosystem einzutauchen, das in Deutschland oft noch nahe der eigenen Haustür zu finden ist. Doch Haft zeigt auch die Gefahren, die diese fragilen Biosysteme bedrohen. Der Bach, das Idyll im Wiesengrund ist in Gefahr. In 94 % der Fließgewässer in Deutschland gehen die Tierarten zurück und drohen die Lebenswelten zu kippen.

 

Mit dem Artensterben und Biodiversität beschäftigt sich auch Torsten Mehltretter in der ARTE-Produktion Das große Insektensterben. Die Forschern sind sich im Konsens darüber einig: „Dieses unterschätzte Massensterben am Anfang der Nahrungskette ist von uns Menschen gemacht und wird Folgen haben für alle Erdbewohner.“

 

Den auf 10.000 Euro dotierten Deutschen Filmpreis für Biodiversität erhielt die deutsche SWR/ARTE-Produktion Der unterirdische Fluss – Unter Wasser zwischen Schwarzwald und Vogesen von Serge Dumont über einen unterirdischen Strom, der das größte Grundwasserreservoir Europas darstellt. Faszinierende Unterwasseraufnahmen, die in spannende Geschichten eingebettet sind, lassen gerade die kleinsten Lebewesen ganz groß erscheinen lassen. Der Film bezieht Position als ein deutliches Plädoyer für mehr Gewässerschutz und gegen die landwirtschaftliche Industrialisierung.

 

Den Anspruch, Verborgenes sichtbar machen, Zusammenhänge offenlegen und anschaulich erklären teilt das NaturVision Filmfestival mit vielen der gezeigten Filme. Das Festival verzeichnete mehr Einreichungen von investigativen Dokumentationen zu aktuellen Themen wie Artensterben, Klimaschutz oder der Vermeidung von Plastik. Die französische Dokumentation A Plastic Surgery – Coca Cola’s Hidden Secrets von Sandrine Rigaud zeigt, dass viel Verantwortung für Umweltverschmutzung bei den Herstellern liegt. Der Konzern, verkauft weltweit 4000 Plastikflaschen pro Sekunde. Trotz zahlreicher Ankündigungen, in die Kreislaufwirtschaft einzusteigen, ist bisher kein Nachweis erfolgt, dass die Flaschen nicht auf Müllhalden oder in den Meeren landen, sondern in den Produktionskreislauf zurückgeführt werden. Die Doku, in der die Autorin in präzise vorbereiteten Interviews Widersprüche und Unwahrheiten im Recycling-Versprechen des Coca-Cola-Konzerns entlarvt, wurde dem mit auf 10.000 Euro dotierten Deutschen Umwelt- und Nachhhaltigkeitspreis gekürt.

 

 

In Green Warriors – South Africas Toxic Townships deckt ein französisches Reportageteam auf, wie die Goldminen in der Nähe der Townships Böden und Gewässer mit Schwermetallen verseuchen. Johannisburg gilt als die am stärksten mit Uranium belastete Stadt der Welt. Den mit 10.000 Euro dotierten Wildlife Filmpreis teilten sich die SWR/ARTE-Doku Herrscher einer vergessenen Welt – Biokos Drills über eine sehr seltene wie scheue Primatenart auf einer Insel in Äquatorialguinea von Oliver Goetzl und der südafrikanische Film Birth of Bride, eine emotionale Überlebensgeschichte von sechs jungen Löwen in Botswana von Dereck und Beverly Jaubert.

 

Der NaturVision Kurzfilmpreis, der unter dem Moto „Kreislauf statt Kollaps – die Natur macht’s vor“ stand, ging an Unravel von Meghna Gupta, der anhand der Recycling-Industrie in Nordindien unser absurdes Konsumverhalten beleuchtet. Im Open Air-Kino auf dem Ludwigsburger Arsenalplatz wurde ein Filmprogramm zu dem Sonderthema „Landschaften der Zukunft – Bauen und Wohnen“ präsentiert, das in Kooperation mit der IBA 2027 stattfand.

 

Das Festivalkino von NaturVision ist das Central Theater, das der Inhaber Claus Wollenschläger mit zahlreichen Maßnahmen nachhaltig betreibt. Seit dem Herbst 2018 verfügt das Kino über eine Photovoltaikanlage, mit der es seinen Strombedarf decken kann. Auf einer Anzeigetafel im Foyer können die Besucher stets ablesen, wie viel Sonnenstrom dort gerade produziert wird.

 

Fotos: © Metz/ NaturVision Festival/ Claus Wollenschläger/ Central Theater

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