„Filme zu drehen, ohne ein großes Chaos zu hinterlassen“ ist das Motto von Emellie O’Brien, die als Mitbegründerin der New Yorker Firma Earth Angel nachhaltige Produktionsdienstleistungen anbietet. Dank ihrer Beratung ist The Amazing Spider Man 2 als der bislang am nachhaltigsten produzierte Blockbuster in die Geschichte von Sony Pictures eingegangen. Neben grünen Kinofilmproduktionen wie Noah von Darren Aronofsky und Girls Behaving Badly von John Turtletaub berät Emellie O’Brien auch Prime-Time-Shows in New York City.
Wie verhelfen Sie Filmproduktionen zu mehr Nachhaltigkeit?
Ich erkläre den Team-Mitgliedern stets, dass ich ihnen Anregungen gebe, sie aber nicht zu etwas zwinge. Mein Ansatz sieht vor, Nachhaltigkeit einfach, angenehm und für jeden zugänglich zu machen. Das geschieht auf verschiedene Art und Weise, aber vor allem durch meine Anwesenheit – die Crewmitglieder reagieren positiver, wenn sie sehen, dass sich jemand aktiv darum kümmert, nachhaltige Maßnahmen zu überprüfen und das auch ernst nimmt. Ich gebe den Teammitgliedern Anreize, damit sie selbst dazu beitragen, die Produktion nachhaltiger zu machen.
Schlagen Sie der Produktion gezielt bestimmte Maßnahmen vor?
Wenn ich das Drehbuch gelesen habe, setze ich mich mit den Leitern der verschiedenen Gewerke zusammen und schätze all die praktischen und logistischen Belange ab. Bei fünf Grad minus in New York können wir kein Bio-Diesel einsetzen. Niedrige Außentemperaturen sind für Biokraftstoff ein Problem. Das müssen wir in solchen Situationen in Kauf nehmen und versuchen, es an anderer Stelle wieder auszugleichen.
Sind Müllverwertung, wiederverwendbare Requisiten und Kostüme die am leichtesten durchsetzbaren nachhaltigen Maßnahmen, weil sich dadurch Kosten sparen lassen?
Die Reduzierung, das Recycling und die Wiederverwertung haben zweifellos Priorität. In den meisten Fällen lassen sich dadurch Kosten sparen, aber das bedeutet nicht, dass es einfache Lösungen sind. Es ist immer das Team, das entscheidet, ob nachhaltige Lösungen einfach sind. Wenn die Crewmitglieder sich mit mir austauschen und nachhaltige Lösungen in ihre Arbeitsabläufe integrieren, ist das eine einfache Lösung. Aber nicht jeder ist dazu bereit, seine Gewohnheiten zu ändern.
Wie leicht ist es, Produktionsleiter davon zu überzeugen, Hybrid-Autos LED-Leuchten, wieder aufladbare Batterien oder kompostierbares Geschirr zu verwenden? Es ist schwierig, normale Produktionsleiter davon zu überzeugen, von ihrer Linie abzuweichen. Zum Glück arbeite ich meistens für Produktionen, bei denen ein umweltbewusster Produzent für die Produktion verantwortlich zeichnet. Dadurch ist es wesentlich leichter, Überzeugungsarbeit zu leisten.
Wer hat mehr Einfluss auf die grüne Produktion, der Regisseur oder der Produzent?
Nach meiner Erfahrung ist es oftmals der Produzent, der Nachhaltigkeit zu einer Priorität am Set erklärt. Manchmal reicht eine einzige Person aus dem Kreativteam aus, die sich dafür einsetzt, grün zu produzieren.
Ist es für eine Independent- oder eine Studio-Produktion leichter, grün zu produzieren?
Unabhängige Produktionen sind naturgemäß nachhaltiger als Studio-Produktionen, weil dafür weniger Ressourcen, Geld und Arbeitskräfte aufgewendet werden. Die Umstellung auf die nachhaltige Produktion fällt unabhängig produzierten Filmen leichter. Meiner Erfahrung nach sind Studio-Produktionen eher dazu bereit, einen Öko Supervisor einzustellen und ein entsprechendes Nachhaltigkeitsprogramm aufzulegen. Die Nachhaltigkeitsbemühungen der Studios sind besser sichtbar, aber generell können alle Produktionen umweltbewusste Maßnahmen ergreifen, ohne von ihrer Linie abzuweichen.
Welche nachhaltigen Maßnahmen sind bei The Amazing Spiderman 2 umgesetzt worden? Der Verzicht auf Plastikflaschen war für Spider-Man eine Heldentat. Wir haben nachhaltige Produkte eingesetzt, wenn immer das möglich war – wie z.B. bei Putz- und Waschmitteln. Außerdem wurden Batterien und Abfälle recycelt und so wenig Papier wie möglich verteilt.
Haben Sie den ökologischen Fußabdruck ermittelt, um die eingesparten Emissionen aufzulisten?
Wir haben zwar den CO2-Fußabdruck von Spider-Man gemessen, aber es gibt derzeit keine Möglichkeit, die eingesparten Emissionen zu kalkulieren. Spider-Man war eine klimaneutrale Produktion, da Sony im Zuge seiner Partnerschaft mit dem World Wildlife Fund die CO2-Belastung kompensiert hat.
Wie nachhaltig ist Ihr Einfluss auf Produktionen?
Einen Öko Supervisor am Set einzusetzen, ist wichtig, um eine effektive Nachhaltigkeitskampagne zu starten. Außerdem zahlt sich das aus. Meine Wirkung hängt von der jeweiligen Größe einer Produktion ab. Bisher sind bei jeder Produktion, an der ich mitgearbeitet habe, mindestens 52 Prozent weniger Deponiemüll angefallen, was den Produktionen tausende von Dollars gespart hat.
Setzen die Crewmitglieder das erworbene Know-how bei ihren nächsten Produktionen ein?
Absolut. Diverse Crewmitglieder, die mit mir zusammen bei nachhaltigen Produktionen gearbeitet haben, erzählen mir, dass sie es inzwischen als „falsch“ empfinden, wenn beim Dreh nicht auf Nachhaltigkeit geachtet wird. Viele von ihnen fangen auch damit an, zuhause den Müll zu trennen. Das ist eine schöne Belohnung für meine Arbeit am Set. Erfolgreiche Nachhaltigkeitskampagnen hinterlassen bei allen Beteiligten einen starken Eindruck.
Wie schwierig ist es generell, Film- und Fernsehcrews zu überzeugen, ihre Arbeitsabläufe zu verändern, um nachhaltig zu produzieren?
Das ist äußerst schwierig. Die Filmcrews sind oft überarbeitet und vollkommen erschöpft. Sie zu fragen, ihre Gewohnheiten zu ändern, ist schwieriger als in anderen Branchen. Ich kenne die jeweiligen Bedürfnisse einer Produktion, dennoch versuche ich, zusammen mit den umweltbewussten Teammitgliedern die gesamte Crew zu ermutigen, unsere grünen Annstrengungen anzunehmen. Es erfordert oft die komplette Produktionszeit, bis die Mehrheit des Teams sich an Maßnahmen wie Mülltrennung oder eine andere Art und Weise, am Set Wasser anzubieten, gewöhnt hat.
Welches sind Ihre nächsten Projekte?
Ich arbeite gerade an einem Spielfilm von Big Beach Films, der Three Generations heißt. Big Beach Films hat 2011 den ersten Spielfilm produziert, bei dem ich auf die nachhaltige Umsetzung geachtet hatte. Es ist schön, wieder mit einer Produktionsfirma zusammen szu arbeiten, der Nachhaltigkeit wirklich am Herzen liegt.
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