Kein Nice-to have, sondern ein Must-have

Mit der Einführung des Grünen Drehpasses hat die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein in Deutschland erstmals Empfehlungen für die nachhaltige Film- und Fernsehproduktion formuliert. Die FFHSH-Geschäftsführerin Eva Hubert gibt Aufschluss über ihre Zielsetzungen.

Was hat dazu geführt, den „Grünen Drehpass“ zu entwickeln?
Hamburg war 2011 die europäische Umwelthauptstadt, zu der wir auch im Filmbereich einen Beitrag leisten wollten. Das nachhaltige Produzieren hat sich dafür angeboten. Die verschiedenen Ansätze in Europa haben uns auf die Idee gebracht, einen Grünen Drehpass zu initiieren. Jetzt arbeiten wir daran, die grünen Regeln in der Realität umzusetzen.

Wie nachhaltig wird in Deutschland produziert?
Dafür gibt es einige sehr gute Beispiele wie die von Odeon Film klimaneutral hergestellte Serie Der Landarzt oder auch Werbefilmproduktionen, die auf Wunsch ihrer Kunden umweltverträglich produzieren. Nach dem fruchtbaren Austausch bei einem Expertengespräch mit Film- und Fernsehproduzenten sowie Herstellungs- und Produktionsleitern bin ich sehr optimistisch, dass Serien wie Großstadtrevier oder Rote Rosen künftig nachhaltig produziert werden. Die Nachwuchsfirma Tamtam Film hat dies bei ihrer ersten Kinoproduktion mit großem Enthusiasmus umgesetzt. Der Warner-Chef Wilfried Geike, der zusammen mit Michael Bully Herbig bei uns war, hat darauf verwiesen, dass alle amerikanischen Studios bereits klimaneutral produzieren. Michael Bully Herbig hält den Drehpass für eine sehr gute Idee, die er selbst beim Produzieren aufgreifen möchte.

Was können und sollten die Produzenten diesbezüglich leisten?
Das Wichtigste ist, dass die Produktionsfirmen sich überlegen, was sie auf jeden Fall verändern können. Genau wie im Privatleben gehört dazu, Müll zu trennen, Energie zu sparen und möglichst saisonale, regionale Produkte zu verwenden. Unsere Film Commission bemüht sich um unterstützende Maßnahmen von städtischen Institutionen, die Hilfestellung zur Mülltrennung am Set anbieten oder Wasserbehälter gratis liefern. Es gibt viele Möglichkeiten, umweltfreundlich zu produzieren.
Wir erwägen dem Beispiel der Filmförderung in Belgien zu folgen, die verlangt, dass mit dem Förderantrag ein CO2-Abdruck für die entsprechende Produktion eingereicht wird.

Wird in anderen europäischen Ländern umweltbewusster produziert?
Ja, die Briten haben über die Greenshoot-Agentur bereits diverse Produktionen betreut. Das Irish Film Board hat einen Leitfaden herausgebracht. Die belgische Förderung bietet regelmäßige Schulungen für Produzenten, Produktions- und Herstellungsleiter an. In Frankreich ist für die Filmbranche der CO2-Rechner Carbon Clap entwickelt worden. Deutschland hinkt hingegen hinterher, obwohl die Deutschen sonst als recht umweltbewusst gelten. Wir haben bei Cine Regio, einem Verbund von 38 europäischen Regionalförderungen, eine Green Regio Arbeitsgruppe gegründet. Unter Federführung von Screen South werden wir bis zum Frühsommer einen europäischen CO2-Rechner entwickeln, der bei Koproduktionen zuverlässig verwendet werden kann.

Wie sehen Ihre Zielsetzungen aus?
Ich möchte gerne meinen Kollegen von den anderen Regionalförderungen und der FFA überzeugen, dass nachhaltiges Drehen in Zukunft kein Nice-to-have, sondern ein Must-have sein soll. Wir stehen ihnen mit unserer Expertise gerne zur Verfügung. Es wäre wünschenswert, im ersten Schritt die Produktionen auszuzeichnen, die sich besonders um nachhaltige Dreharbeiten bemühen. Möglich ist auch, im Rahmen der Kalkulation den CO2-Verbrauch zu ermitteln, damit die Firmen aktiv darüber nachdenken, wie sie Emissionen reduzieren können. Strikte Auflagen halte ich für falsch. Jeder muss seinen Beitrag für die Umwelt leisten. Das funktioniert besser, wenn es aus Überzeugung geschieht.

Foto: ©FFHSH