Gesprächspartnern zeigt Bavaria-Chef Achim Rohnke gerne die Luftbildaufnahme der Bavaria Filmstudios, die inmitten eines breiten Waldgürtels in der Münchner Vorortgemeinde Grünwald gelegen sind. Seit zwei Jahren werden die Studios mit einer umfassenden Modernisierung auf den neuesten Stand gebracht – insbesondere auch mit der ökologischen Vorgabe, die traditionsreichen Ateliers zum ersten klimaneutralen Filmstudio-Standort weltweit umzugestalten. Dieses Ziel ist 2013 nahezu vollständig erreicht. In Hollywood wirbt Achim Rohnke gerne mit dem grünen Filmstudio aus Grünwald.
Gerade in Hollywood ist umweltgerechtes Handeln ein großes Thema. „Das wird dort schon gelebt, angefangen von den Studiochefs und anderen Entscheidern bis zu den Filmschauspielern und großen Stars“, weiß Rohnke, der sich nicht mehr darüber wundert, dass viele Hybridfahrzeuge vor den dortigen Studios geparkt sind. „Wir haben uns vorgenommen, unsere Studios zu einem Green Production Lot umzugestalten und die Bavaria als einen einzigartigen klimaneutralen Studiokomplex weltweit zu positionieren.“
Rund 30 Mio. hat die Bavaria in Modernisierungsmaßnahmen investiert. Mit einem Bündel von Maßnahmen ist es gelungen, den CO2-Ausstoß binnen zwei Jahren um 97 Prozent zu reduzieren, das heißt von 70 000 (2011) auf 200 Tonnen (Ende 2013) pro Jahr herunter zu fahren. Über die Investition in ein Geothermieprojekt in Indonesien wird die Restbelastung komplett reduziert.
Seit Sommer 2012 ist der Wärmehaushalt des Bavaria-Geländes auf Geothermie umgestellt, die aus einem nahe gelegenen Aufkommen bezogen wird. „Wir sind dadurch von der fossilen Versorgung über Erdgas auf die Erdwärme umgestiegen“, bestätigt André Heim, Leiter Standort Services. Die Bavaria hat mit der Grünwald Erdwärme GmbH einen lang kaufenden Vertrag geschlossen und damit als Großabnehmer erst das Zustandekommen dieses ökologischen Projekts ermöglicht.
Seit Januar wurde nun auch die Stromversorgung auf regenerative Energie umgestellt, die zu hundert Prozent aus Wasserkraft bezogen wird. Und auf vielen Dächern von Neubauten und renovierten Studiohallen sind Solarpanels installiert, die bis zu 86 000 Kilowatt Leistung bringen im Jahr. Sie dienen nicht der autonomen Versorgung, sondern werden ins allgemeine Stromnetz gespeist. Zukünftig wollen Rohnke und Heim an neue Technologien für mehr Energieeffizienz heran gehen. Eine zentrale Klimatechnologie soll die alten Gebäudeklimaanlagen ersetzen. Und im Gespräch ist auch eine Lösung, um aus der Absorptionskälte, die aus der Geothermie entsteht, Kälte zu erzeugen.
Ökologisch verantwortlich ist die Bavaria auch mit ihren Altlasten der Filmkopierwerke umgegangen, deren Entsorgung in früheren Jahren die Böden auf dem Areal belasteten. Es wurden 162 000 Tonnen Erdreich ausgehoben und ausgetauscht. Kostenaufwand 9 Millionen Euro. Rohnke: „Diesem Erbe aus den frühen Zeiten der Bavaria mussten wir uns verantwortlich stellen, auch um für unsere grüne Mission glaubwürdig zu sein.“
Im nächsten Schritt sollen nun auch die Produzenten, die für ihre Filme zur Bavaria kommen, für eine nachhaltige Herstellung gewonnen werden. Als erste klimaneutrale Produktion auf dem Bavaria-Gelände fungiert das Wetterfernsehen der ARD, das von der Bavaria Tochter Cumulus Media produziert wird. Durch Bavarias grüne Vorsorge bleibt nur noch ein kleiner CO2 Fußabdruck bestehen durch die Reisetätigkeit der Geschäftsführer und Moderatoren. Mit dem Umweltberatungsunternehmen ist verabredet, diesen geringen Schadstoffausstoß über ein Kompensationsprojekt auf Null zu reduzieren Rohnke: „Wir wollen mit gutem Beispiel voran gehen und uns bei den Produzenten dafür einsetzen, dass nachhaltiges Ressource-Management am Ende weiterführt.“
“Die Medien spielen eine zentrale Rolle im Kampf gegen den Klimawandel. Es ist wichtig, in Filmen, im Fernsehen und all den anderen Auswertungskanälen immer wieder darauf hinzuweisen, dass es Lösungen gibt, die wir heute umsetzen können. Wir müssen die Menschen ansprechen und sie zum Handeln auffordern. Filme wie Avatar, The Day After Tomorrow und Dokus wie Years of Living Dangerously, bei der ich stolz darauf war, dabei sein zu können, sind sehr beliebt; sie erreichen und inspirieren Millionen von Menschen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass vor allem Filme mit ihrer starken Inspirationskraft die Menschen dazu bewegen können, selbst aktiv zu werden. Es ist großartig zu sehen, das einige meiner Freunde aus der Filmbranche mit Klimaschutzorganisationen zusammenarbeiten, um diese Nachrichten weiter zu verbreiten.“
"Es ist höchste Zeit, Dreharbeiten in Deutschland endlich ein wenig ‚grüner‘ und nachhaltiger zu organisieren. Bisher staune ich Bauklötze, wie umweltfeindlich der Großteil unserer Branche arbeitet.
Das fängt mit den bis heute nur einseitig bedruckten Drehbüchern an, geht mit den PET-Flaschen in Produktionsbüros und den Unmengen an Plastikmüll bei jedem Catering weiter und hört bei den dicken Limousinen zwecks Roter-Teppich-Vorfahrten leider nicht auf.
Ich lasse mich seit Jahren gerne belächeln, wenn ich mit meiner eigenen Tasse komme und mich weigere, von Papp- oder Plastiktellern und mit Plastik-Besteck Billigfleisch zu mampfen. Es wäre großartig, wenn der Grüne Drehpass hier etwas verändern könnte."
„Es ist fantastisch, dass sich mittlerweile Filmemacher auf der ganzen Welt zusammenreißen und versuchen, ihre Filme so nachhaltig wie möglich zu drehen. Ich denke, wir sollten die starke Kraft der bewegten Bilder nicht unterschätzen, welche die Herzen und Seelen der Menschen verändern.
Neben dem Versuch, in unserem eigenen Bereich umweltbewusster zu handeln, können wir auch das Bewusstsein dafür schärfen. Denn Kino kann die Welt verändern.Die Filmemacher sollten damit beginnen, diese wirkungsvolle Waffe einzusetzen und ihre Kamera in die Hand nehmen.
Lasst uns nicht nur versuchen, „weniger schlecht“ zu sein. Lasst uns versuchen, das Richtige zu tun, um eine Veränderung zu bewirken, die wir alle dringend benötigen.“
“Wir leben in einer Zeit, in der wir uns nicht mehr verantwortungslos der Natur gegenüber verhalten dürfen. Um so wichtiger ist es, dass auch Filmproduktionen versuchen, so umweltschonend wie möglich zu arbeiten. Ein Filmteam produziert jeden Tag Berge von Müll. Ich selbst versuche beim Dreh auf Plastikbecher zu verzichten, bringe meine eigene Tasse mit, benutze umweltfreundliche Kosmetika und vermeide unnötige Einzelfahrten.”
Foto ® Maddalena Arosio
Darren Aronofsky, Regisseur von Noah / Jurypräsident der 65. Internationalen Filmfestspiele Berlin
“Als wir Noah gefilmt haben, war uns klar, dass wir einen Film über den ersten Steward der Welt drehen, deshalb wollten wir selbst gute Stewards sein. Bei Dreharbeiten fällt in der Regel unglaublich viel Müll an. Durch Organisationen wie die Earth Angel waren wir in der Lage, das ein bisschen einzudämmen.”
„Wir sind grün. Bei einer Filmproduktion fällt sehr viel Müll an, was uns besonders bewusst wird, wenn große Sets abgebaut werden. Wir beteiligen uns deshalb stark an einem Recycling-Programm. Wir unternehmen all diese Anstrengungen, um so nachhaltig wie möglich zu sein.“
Vorsitzende des PGA Green West / Produzentin und Moderatorin von EcoPop TV
„Als Fernseh- und Filmproduzentin versuche ich, möglichst viele umweltfreundliche Handlungen in meine Geschichten einzubauen. Denn das ist genauso wichtig, wenn nicht sogar mehr, wie nachhaltig hinter den Kulissen zu arbeiten!
Zu diesem Zweck beteilige ich mich an PGA Green, der grünen Initiative des Producers Guild of America. Wir unterstützen Produzenten mit praktischen Ratschlägen und einem CO2– Rechner, damit sie nachhaltiger produzieren.
Wir haben in Partnerschaft mit den Hollywoodstudios den kostenlosen www.greenproductionguide.com kreiert, der als grüne Datenbank mit über 2.000 Lieferanten weltweit nachhaltige Produktionslösungen bietet!“
„Ich würde mich sehr freuen, wenn ich die Gelegenheit bekomme, in einem grünen Film mitzuspielen. Unsere Umwelt ist, was uns inspiriert, deshalb müssen wir sie schützen.“
Regisseur (Fraktus, Dorfpunks, Am Tag als Bobby Ewing starb)
„Es ist etwas peinlich, dass das grüne Thema jetzt erst in unserer Branche ankommt, denn es gibt schon lange viele Möglichkeiten, effizienter zu drehen.
Technische Innovationen wie energiesparende Beleuchtungstechnik sind dabei genauso wichtig wie die Sensibilität jedes einzelnen Team-Mitglieds.“
Douglas Trumbull, Produzent, Regisseur und Visual Effects Supervisor (2001: Odyssee im Weltraum, Blade Runner)
„Die Trumbull Studios in Massachusetts versuchen so grün zu sein wie möglich, wozu der Einsatz von LED-Scheinwerfern, Sonnenenergie und Solar-Laptops gehört. Und zwar nicht nur, weil die Stromstärke und der Drehstrom an unserem Standort begrenzt sind, sondern weil wir davon überzeugt sind, dass wir als Branche gegenüber der Allgemeinheit und unserem Planeten die Verantwortung haben, sauber zu produzieren.“
Wir planen, einen digitalen Film in 3D 4K mit 120 Bildern pro Sekunde an entlegenen, unzugänglichen Orten zu drehen, an denen es keinen Strom gibt. Solarstrom ist der Weg, den wir einschlagen müssen.“
Dieter Kosslick, Direktor der Internationalen Filmfestspiele Berlin
„Die Berlinale beschäftigt sich schon seit Jahren aktiv mit dem Thema Nachhaltigkeit. Wir begrüßen es sehr, dass nun eine wachsende Anzahl von Filmemachern, darunter unser diesjähriger Jury-Präsident Darren Aranofsky, am Set grünen Regeln folgt.“
Benoit Delhomme
Kameramann (Theory of Everything, The Most Wanted Man)
„Ich habe nie konkrete Vorgaben erhalten, wie ein grüner Film gedreht werden soll, aber wir versuchen, es umzusetzen. Das ist etwas Neues für mich.
Nachtszenen werden mitunter zu stark ausgeleuchtet. Ich vermeide das. Wenn ich etwas mit bloßem Auge sehen kann, reicht das auch für die Filmaufnahmen. So gesehen bin ich ein grüner Kameramann.“
Oscar-Preisträger Jeremy Irons, der in dem Berlinale-Wettbewerbsbeitrag Nachtzug nach Lissabon die Hauptrolle spielt, ist ein Fan der Mülltrennung. „Besonders in Deutschland hat sich viel getan. Ihr seid vorbildlich, was die Mülltrennung betrifft.“
Der Hollywoodschauspieler ist um die ganze Welt gereist, um für die Umwelt-Doku Trashed von Candida Brady zu werben, die sich mit der globalen Müllproblematik auseinandersetzt: „Wir kaufen etwas, werfen es weg, verbrennen es und dann ignorieren wir es“ , sagt Brady. „Zusammen mit Jeremy Irons als unseren Reiseführer entdecken wir, was mit den Milliarden Tonnen von Abfall geschieht, die jedes Jahr heimlich entsorgt werden.“
Seit der Weltpremiere bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes 2012 hat Trashed diverse Auszeichnungen und Preise auf internationalen Festivals erhalten.
Helen Hunt
Schauspielerin
„Ich arbeite mit der amerikanischen Firma Sungevity zusammen, die Sonnenkollektoren für Privathäuser vermietet. Sie versteht es, innovative ökologische Konzepte zu entwickeln, die auch ökonomisch erfolgreich sind. Das ist mein kleiner, aber kontinuierlicher Beitrag zum Umweltschutz. Ich denke, wenn jeder etwas dazu beiträgt, kann das im Endeffekt sehr viel bewirken.“