
Das Filmbüro Mecklenburg-Vorpommern lädt gemeinsam mit dem NABU am 28. März in Wismar zum Bienenaktionstag. Auf dem Programm steht dabei die preisgekrönte Doku More than Honey von dem Schweizer Regisseur Markus Imhoof. Mit spektakulären Makro-Aufnahmen gibt er nicht nur einen Einblick in ein faszinierendes Universum, sondern thematisiert auch, warum die emsig von Blüte zu Blüte schwirrende Honigbiene langsam verschwindet.
Die Nachricht vom Bienensterben gab für den preisgekrönten Regisseur Markus Imhoof, der als Enkel eines Imkers mit Bienenzucht aufgewachsen ist, den Ausschlag für dieses ambitionierte Filmprojekt. „Die Bienen haben mich geholt“, sagt Imhoof, der für diese aufwändige Dokumentation rund um den Erdball gereist ist. Bei seinen Recherchen kam ihm zugute, dass seine Tochter und sein Schwiegersohn als Bienenforscher in Australien tätig sind und Kontakte zu einem weltweiten Netzwerk von Imkern besitzen. „Dadurch hatte ich eine sehr gute Referenz. Die Imker waren sehr offen und bereit, mir alles zu zeigen.“
Bei seinen ersten Gesprächen mit den Bienenzüchtern hatte Imhoof nur eine kleine Sony-Handkamera im Gepäck, um Fotos aufzunehmen. Seine Recherchen führten ihn von Australien nach Nordamerika, Asien und wieder zurück nach Europa in die heimische Schweiz. Der Umgang mit den Bienen ist von Kontinent zu Kontinent sehr unterschiedlich. „Die Schweiz ist ein Paradies für die Bienen, weil es dort kein Gift gibt. Dennoch sterben sie; und zwar an Inzuchtschwäche“, weiß Imhoof. „In einigen Regionen Chinas werden hingegen so viele Pestizide eingesetzt, dass die Imker nicht mehr mit ihren Völker dort hingehen. Die Bestäubung der Blüten erfolgt dort von Menschenhand.“
In den USA suchte der Regisseur einen Imker auf, der mit seinen 15.000 Bienenvölkern quer durch den ganzen Kontinent reist; von Florida bis nach Kalifornien zur Mandelblüte. „Das ist Modern Times für die Bienen. Die ganzen Plantagen und Autobahnen sind dort so angelegt, dass die Landwirtschaft eine Fabrik ist. Der Imker akzeptiert, dass Pestizide eingesetzt werden, wenn er für 150 Euro ein Bienenvolk dort hinbringt. Die Monokulturen sind ein Paradies für Schädlinge. Daher muss mit viel Gift und Pestiziden dagegen gekämpft werden.“
Ganz ohne Medikamente kommen dagegen die so genannten Killerbienen aus, die aus einem Laborversuch in Sao Paulo stammen. „Der Forscher hatte sie mit Gittern geschützt, die ein Mitarbeiter aus Mitleid entfernt hat“, erläutert Imhoof. „Die 26 Schwärme haben den ganzen Kontinent erobert. Dadurch hat sich Brasilien zum viertgrößten Honigproduzent der Welt entwickelt.“
Um die unterschiedlichen Bienenkulturen aufzunehmen, reiste Imhoof mit dem Berliner Kameramann Jörg Jeshel zwei Jahre rund um die Welt. Zu ihren insgesamt 70 Drehtagen kamen weitere 35 Tage für die Makro-Shots im Bienenstudio hinzu. Die erste gemeinsame Auslandsreise führte zu den Killerbienen nach Arizona. „Wenn Bienen gestört werden, wehren sie sich“, weiß Jeshel. „Die Killerbienen sind ungezähmter und aggressiver als die zahmen Bienen in Europa. Darauf musste ich mich auch mental vorbereiten“. Das Filmteam, zu dem neben dem Regisseur und Kameramann der Kamera-Assistent Christian Möller sowie der Tonmann Dieter Meier gehörten, musste zum Schutz vor den Bienen bei gleißendem Sonnenlicht in der Wüste von Arizona Imkeranzüge und dicke Gummihandschuhe tragen. „Es war schwierig, mit dem Netz vor dem Gesicht durch das Okkular zu schauen, doch mit dem Display konnten wir bei dem hellen Tageslicht nicht arbeiten.“ Während hunderte von aggressiven Killerbienen gegen seine Gaze donnerten, war der Kameramann gefordert, ruhig zu bleiben. „Als meine Nase einmal direkt am Netz war, stach eine Biene zu; zwei Stunden später war mein Gesicht geschwollen.“
Um eine Biene beim Fliegen zu filmen, darf diese sich nicht weiter als 2 cm aus dem Set herausbewegen. „Wir müssen genau bestimmen können, wo die Biene fliegt“, erläutert Attila Boa, der als Spezialist für die Makro-Aufnahmen verantwortlich zeichnet. Um die Verhaltensweisen der Bienen zu steuern, war beim Dreh oftmals der „Bienenflüsterer“ Peter Hopfgartner dabei. „Er kann mit Bienen kommunizieren und zum Beispiel provozieren, dass sich eine Arbeiterin dazu entschließt, eine Königin aufzuziehen.”
Um das Leben im Bienstock aus nächster Nähe zu zeigen, wurde in Wien ein Bienen-Makro-Studio mit Phantom-Kameras eingerichtet. „Wir haben mit der Zeitlupentechnik versucht, die Bewegungen der Biene auf ein Niveau zu bringen, das für den Menschen natürlich wirkt“, erläutert Boa, „und verschiedene Tempi und Belichtungszeiten durchprobiert. Der Mensch ist im Vergleich zur Biene sehr langsam, denn die Bienen bewegen ihre Flügel mit 280 Schlägen pro Sekunde.“ Die fliegenden Bienen wurden in Slow Motion mit 300 Bildern pro Sekunde aufgenommen, während beim Krabbeln schon 70 Bilder pro Sekunde ausreichten, um ihre Zungen, Fühler und Flügel im Detail zu zeigen. Die Tiere sollten dabei stets wie kleine Darsteller gut erkennbar sein.
Im Bienen-Studio wurde oft nicht direkt auf das Set geleuchtet, weil durch die Hitzeentwicklung das Wachs geschmolzen und die Bienen gestorben wären. „Wir haben über einen Spiegel geleuchtet, da dabei viel Wärme verlorengeht. Für ein winziges Bild mit zwei Bienen, die sich gegenseitig füttern, haben wir eine 2,5 kW HMI aufgestellt, die sonst benötigt wird, um eine Fassade anzuleuchten.“
Auch Jörg Jeshel war bei den zahlreichen Reisen immer wieder gefordert, Makro-Aufnahmen von den Bienen zu filmen wie beispielsweise einen Schwarm von Killerbienen auf einem Kaktus. In Kalifornien entstand das Bild von einer einzelne Biene, die beim Bestäuben einer Mandelblüte von Pestiziden benebelt wird. „Die chemische Industrie testet nur, ob ein Pestizid auf die Biene tödlich wirkt“, betont Boa. „Sie untersucht aber nicht den Wirkungsmechanismus, wenn es als Futter an die Larven weitergegeben wird.“ Die Bienen-Babies erlitten durch die Gifte Hirnschäden, durch die sie ihre kognitiven Fähigkeiten und ihre komplexe Navigationsgabe verlieren, wieder in den Bienenstock zurückzukehren. Damit sei auch das Geheimnis des plötzlichen Bienenverschwindens zu erklären: „Das ist, als ob alle Deutschen an einem Abend so betrunken gemacht werden, dass sie nicht mehr nach Hause finden.“ Bis die schädliche Wirkung eines Sprühmittels nachgewiesen werde, vergingen oft mehrere Jahre. „ Das ist nur die Spitze des Eisberg, denn die Biene ist das einzige Tier in der Natur, bei dem wir das bemerken.“