Szenenbildner können ganze Welten erschaffen, die fantastisch auf der Leinwand aussehen. Wenn nach dem Dreh die Sets abgebaut werden, hinterlassen die Filmcrews mitunter tonnenweise Müll. Statt bei den Set-Bauten stapelweise Styropor oder giftiges Plastik zu verwenden, gibt es umweltfreundliche Materialien, die andere Branchen bereits nutzen. Die innovative US-Firma Ecovative setzt bei der Herstellung ihrer nachhaltigen Materialien auf natürliche Verfahren.
Mit den Produkten Myco Foam und Myco Board hat das an der amerikanischen Ostküste ansässige Unternehmen ein kostengünstiges, umweltfreundliches Material aus Pilzschaum entwickelt, das für Verpackungen, Möbeldesign und sogar für den Hausbau einsetzbar ist. Bei diesem weltweit patentierten Verfahren werden Pilzmyzele verwendet, um aus Getreideabfällen nachhaltige biologisch abbaubare Materialien herzustellen.
“Pilzmyzel ist ein erstaunliches Material, denn es produziert sich selbst“, berichtet der Ecovative-Chef und Gründer Eben Bayer. „Wir benötigen dafür Nebenprodukte wie Samenhülsen oder Holzabfälle, die in ein chitinartiges Polymer umgewandelt werden, das sich in fast jede Form bringen lässt.“ Da Pilzmyzel wie ein Klebstoff einsetzbar ist, lassen sich die Produkte wie bei der Produktion von Plastik modellieren.
„Wir können Materialien mit ganz unterschiedlichen Eigenschaften herstellen“, berichtet Bayer. „Materialien, die isolierend, feuerfest, resistent gegen Feuchtigkeit oder Dampf sind; Materialien, die einen Aufprall abfedern und sich für die akustische Dämmung eignen.” Da Pilzmyzel von Natur aus feuerfest ist, verfügt es über die höchste Klassifizierung des Sicherheitsstandards ASTM E84, mit dem Oberflächen von Baumaterialien auf ihre Brenneigenschaften getestet werden. “Das ist ein entscheidender Vorteil für Szenenbildner”, erklärt die Marketingchefin Melissa Jacobsen, „denn es müssen keine giftigen Chemikalien oder Ausgangsstoffe mehr hinzugefügt werden, die diese Eigenschaften besitzen.”
Das Rezept, mit dem dieser Pilzschaum hergestellt wird, lässt sich mit dem Backen eines Hefekuchens vergleichen. Die Zutaten Maisstreu und Pilzmyzel, die Ecovative wie eine Backmischung im Beutel anbietet, werden mit Wasser und Mehl angerührt und können in jede beliebige Form gefüllt werden. „Aus diesen Bestandteilen wächst das Pilzmyzel – und das ist das Magische – denn der Entstehungsprozess erfolgt durch den Organismus selbst und nicht durch eine Maschine“, erläutert Bayer. Ist das Material in der Form aufgequollen, wird es erhitzt, um weiteres Wachstum zu stoppen.
„Unser Konzept sieht eine lokale Produktion vor, genau wie die regionale Nahrungsmittel Bewegung“, betont Bayer, der gemeinsam mit dem Ecovative-Mitbegründer Gavin McIntyre eine Rezeptur für den weltweiten Einsatz entwickelt hat, für die Nebenprodukte aus dem regionalen Ackerbau benötigt werden. „In China lassen sich Reis- oder Baumwollsamenhülsen verwenden. In Nordeuropa oder Nordamerika kommen dafür Buchweizenschalen oder Haferspelzen in Frage.“
Da diese Materialien landwirtschaftliche Nebenprodukte sind, die nicht aus Öl erzeugt werden, sind sie hundertprozentig kompostierbar. Firmen wie Dell setzen die Pilzschaum-Verpackungen ein, um ihre Produkte sicher zu verpacken. Darüber hinaus produzieren die Öko-Pioniere Alternativen für den Möbelbau, Spannplatten und Plakatwände. Ecovative setzt die einzelnen Komponenten mit natürlichen Harzen zusammen, so dass das Material frei von Harnstoff-Formaldehyd und somit umweltfreundlich ist. „Myco Board ist eine perfekte Alternative für den Setbau“, resümiert Jacobsen. „Momentan produzieren wir für unsere Kunden vor allem Möbelteile, aber wir bauen die Produktion aus, um auch größere Paneele herzustellen. Interessierte Set-Designer können uns gerne ansprechen.“
“Die Medien spielen eine zentrale Rolle im Kampf gegen den Klimawandel. Es ist wichtig, in Filmen, im Fernsehen und all den anderen Auswertungskanälen immer wieder darauf hinzuweisen, dass es Lösungen gibt, die wir heute umsetzen können. Wir müssen die Menschen ansprechen und sie zum Handeln auffordern. Filme wie Avatar, The Day After Tomorrow und Dokus wie Years of Living Dangerously, bei der ich stolz darauf war, dabei sein zu können, sind sehr beliebt; sie erreichen und inspirieren Millionen von Menschen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass vor allem Filme mit ihrer starken Inspirationskraft die Menschen dazu bewegen können, selbst aktiv zu werden. Es ist großartig zu sehen, das einige meiner Freunde aus der Filmbranche mit Klimaschutzorganisationen zusammenarbeiten, um diese Nachrichten weiter zu verbreiten.“
"Es ist höchste Zeit, Dreharbeiten in Deutschland endlich ein wenig ‚grüner‘ und nachhaltiger zu organisieren. Bisher staune ich Bauklötze, wie umweltfeindlich der Großteil unserer Branche arbeitet.
Das fängt mit den bis heute nur einseitig bedruckten Drehbüchern an, geht mit den PET-Flaschen in Produktionsbüros und den Unmengen an Plastikmüll bei jedem Catering weiter und hört bei den dicken Limousinen zwecks Roter-Teppich-Vorfahrten leider nicht auf.
Ich lasse mich seit Jahren gerne belächeln, wenn ich mit meiner eigenen Tasse komme und mich weigere, von Papp- oder Plastiktellern und mit Plastik-Besteck Billigfleisch zu mampfen. Es wäre großartig, wenn der Grüne Drehpass hier etwas verändern könnte."
„Es ist fantastisch, dass sich mittlerweile Filmemacher auf der ganzen Welt zusammenreißen und versuchen, ihre Filme so nachhaltig wie möglich zu drehen. Ich denke, wir sollten die starke Kraft der bewegten Bilder nicht unterschätzen, welche die Herzen und Seelen der Menschen verändern.
Neben dem Versuch, in unserem eigenen Bereich umweltbewusster zu handeln, können wir auch das Bewusstsein dafür schärfen. Denn Kino kann die Welt verändern.Die Filmemacher sollten damit beginnen, diese wirkungsvolle Waffe einzusetzen und ihre Kamera in die Hand nehmen.
Lasst uns nicht nur versuchen, „weniger schlecht“ zu sein. Lasst uns versuchen, das Richtige zu tun, um eine Veränderung zu bewirken, die wir alle dringend benötigen.“
“Wir leben in einer Zeit, in der wir uns nicht mehr verantwortungslos der Natur gegenüber verhalten dürfen. Um so wichtiger ist es, dass auch Filmproduktionen versuchen, so umweltschonend wie möglich zu arbeiten. Ein Filmteam produziert jeden Tag Berge von Müll. Ich selbst versuche beim Dreh auf Plastikbecher zu verzichten, bringe meine eigene Tasse mit, benutze umweltfreundliche Kosmetika und vermeide unnötige Einzelfahrten.”
Foto ® Maddalena Arosio
Darren Aronofsky, Regisseur von Noah / Jurypräsident der 65. Internationalen Filmfestspiele Berlin
“Als wir Noah gefilmt haben, war uns klar, dass wir einen Film über den ersten Steward der Welt drehen, deshalb wollten wir selbst gute Stewards sein. Bei Dreharbeiten fällt in der Regel unglaublich viel Müll an. Durch Organisationen wie die Earth Angel waren wir in der Lage, das ein bisschen einzudämmen.”
„Wir sind grün. Bei einer Filmproduktion fällt sehr viel Müll an, was uns besonders bewusst wird, wenn große Sets abgebaut werden. Wir beteiligen uns deshalb stark an einem Recycling-Programm. Wir unternehmen all diese Anstrengungen, um so nachhaltig wie möglich zu sein.“
Vorsitzende des PGA Green West / Produzentin und Moderatorin von EcoPop TV
„Als Fernseh- und Filmproduzentin versuche ich, möglichst viele umweltfreundliche Handlungen in meine Geschichten einzubauen. Denn das ist genauso wichtig, wenn nicht sogar mehr, wie nachhaltig hinter den Kulissen zu arbeiten!
Zu diesem Zweck beteilige ich mich an PGA Green, der grünen Initiative des Producers Guild of America. Wir unterstützen Produzenten mit praktischen Ratschlägen und einem CO2– Rechner, damit sie nachhaltiger produzieren.
Wir haben in Partnerschaft mit den Hollywoodstudios den kostenlosen www.greenproductionguide.com kreiert, der als grüne Datenbank mit über 2.000 Lieferanten weltweit nachhaltige Produktionslösungen bietet!“
„Ich würde mich sehr freuen, wenn ich die Gelegenheit bekomme, in einem grünen Film mitzuspielen. Unsere Umwelt ist, was uns inspiriert, deshalb müssen wir sie schützen.“
Regisseur (Fraktus, Dorfpunks, Am Tag als Bobby Ewing starb)
„Es ist etwas peinlich, dass das grüne Thema jetzt erst in unserer Branche ankommt, denn es gibt schon lange viele Möglichkeiten, effizienter zu drehen.
Technische Innovationen wie energiesparende Beleuchtungstechnik sind dabei genauso wichtig wie die Sensibilität jedes einzelnen Team-Mitglieds.“
Douglas Trumbull, Produzent, Regisseur und Visual Effects Supervisor (2001: Odyssee im Weltraum, Blade Runner)
„Die Trumbull Studios in Massachusetts versuchen so grün zu sein wie möglich, wozu der Einsatz von LED-Scheinwerfern, Sonnenenergie und Solar-Laptops gehört. Und zwar nicht nur, weil die Stromstärke und der Drehstrom an unserem Standort begrenzt sind, sondern weil wir davon überzeugt sind, dass wir als Branche gegenüber der Allgemeinheit und unserem Planeten die Verantwortung haben, sauber zu produzieren.“
Wir planen, einen digitalen Film in 3D 4K mit 120 Bildern pro Sekunde an entlegenen, unzugänglichen Orten zu drehen, an denen es keinen Strom gibt. Solarstrom ist der Weg, den wir einschlagen müssen.“
Dieter Kosslick, Direktor der Internationalen Filmfestspiele Berlin
„Die Berlinale beschäftigt sich schon seit Jahren aktiv mit dem Thema Nachhaltigkeit. Wir begrüßen es sehr, dass nun eine wachsende Anzahl von Filmemachern, darunter unser diesjähriger Jury-Präsident Darren Aranofsky, am Set grünen Regeln folgt.“
Benoit Delhomme
Kameramann (Theory of Everything, The Most Wanted Man)
„Ich habe nie konkrete Vorgaben erhalten, wie ein grüner Film gedreht werden soll, aber wir versuchen, es umzusetzen. Das ist etwas Neues für mich.
Nachtszenen werden mitunter zu stark ausgeleuchtet. Ich vermeide das. Wenn ich etwas mit bloßem Auge sehen kann, reicht das auch für die Filmaufnahmen. So gesehen bin ich ein grüner Kameramann.“
Oscar-Preisträger Jeremy Irons, der in dem Berlinale-Wettbewerbsbeitrag Nachtzug nach Lissabon die Hauptrolle spielt, ist ein Fan der Mülltrennung. „Besonders in Deutschland hat sich viel getan. Ihr seid vorbildlich, was die Mülltrennung betrifft.“
Der Hollywoodschauspieler ist um die ganze Welt gereist, um für die Umwelt-Doku Trashed von Candida Brady zu werben, die sich mit der globalen Müllproblematik auseinandersetzt: „Wir kaufen etwas, werfen es weg, verbrennen es und dann ignorieren wir es“ , sagt Brady. „Zusammen mit Jeremy Irons als unseren Reiseführer entdecken wir, was mit den Milliarden Tonnen von Abfall geschieht, die jedes Jahr heimlich entsorgt werden.“
Seit der Weltpremiere bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes 2012 hat Trashed diverse Auszeichnungen und Preise auf internationalen Festivals erhalten.
Helen Hunt
Schauspielerin
„Ich arbeite mit der amerikanischen Firma Sungevity zusammen, die Sonnenkollektoren für Privathäuser vermietet. Sie versteht es, innovative ökologische Konzepte zu entwickeln, die auch ökonomisch erfolgreich sind. Das ist mein kleiner, aber kontinuierlicher Beitrag zum Umweltschutz. Ich denke, wenn jeder etwas dazu beiträgt, kann das im Endeffekt sehr viel bewirken.“