Mit jeder Mahlzeit, die wir zu uns nehmen, treffen wir eine Entscheidung, wie Tiere für unsere Lebensmittelproduktion gehalten werden“, erklärt der amerikanische Filmemacher John Papola. In der Doku At the Fork, die in der Berlinale-Reihe Kulinarisches Kino läuft, geht er gemeinsam mit der TV-Produzentin und Veganerin Lisa Versaci der Frage nach, wo das Fleisch auf dem Hamburger und die Milch im Glas herkommen. Auf dieser filmischen Reise sprechen sie mit Landwirten, Ernährungswissenschaftlern und Viehzüchtern über die moralischen Aspekte der Tierhaltung.
Vegetarische Ernährung und eine vegane Lebensweise liegen in Hollywood im Trend. Nicht nur die Jackie-Darstellerin Natalie Portman, Joaquin Phoenix oder „Spider-Man“ Tobey Maguire haben sich einem veganen Lifestyle verschrieben. Für Alicia Silverstone, Ellen DeGeneres und Woody Harrelson sind Kleidung aus Leder, Wolle oder Pelz genauso tabu wie Kosmetikpro- dukte, die an Tieren getestet worden sind.
„Essen bedeutet für mich, dreimal am Tag zu verkünden, woran man glaubt“, erklärt Portman. Die Oscar-Preisträgerin hat sich schon als Kind dazu entschlossen, Vegetarierin zu werden. „Mein Vater ist Arzt und hat mich als Achtjährige zu einer medizinischen Konferenz mitgenommen, bei der an einem Huhn eine Laseroperation demonstriert wurde. Ich war außer mir, dass das Huhn sterben musste. Ich werde nie wieder Fleisch essen.“ Die Hollywoodschauspielerin trat schon als Neunjährige mit der Öko-Popband World Patrol Kids auf und sang am Earth Day bei den Ver- einten Nationen „Recycle it, reuse it, reduce it“. Die internationale Bekanntheit, die ihr die Rolle der Königin in der Star Wars-Prequel-Trilogie eingebracht hat, nutzt sie, um Tierschutz-Dokus wie Gorillas on the Brink zu unterstützen. Als Dior-Modell bestand sie darauf, Schuhe zu tragen, die nicht aus Leder sind und startete 2008 ihre eigene vegane Schuhmarke.
Nach der Lektüre von Jonathan Safran Foers Buch Tiere Essen wurde sie 2009 Veganerin. Um sich für ihre Rolle als Ballerina in Black Swan von Darren Aronofsky in Form zu bringen, aß sie viel Rohkost. Die Titelrolle in diesem nachhaltig produzierten Kinofilm brachte ihr 2011 den Oscar als beste Darstellerin ein. Während ihrer Schwangerschaft kehrte sie vorübergehend zu ei- ner vegetarischen Ernährung zurück. Ansonsten bleibt der Star konsequent. Bei ihrer Hochzeit mit dem französischen Choreographen Benjamin Millepied gab es ein streng veganes Menü.
Zu den ökologischen Vordenkern in den USA, für die die agrarindustrielle Bodenbewirtschaftung und Massentierhaltung mit einer kulturellen Verarmung einhergeht, gehört Wendell Berry. In der Doku Look & See: The Story of Wendell Berry, an der Robert Redford und Terrence Malick als ausführende Produzenten beteiligt sind, porträtiert Laura Dunn den Essayisten und Umweltaktivisten. Hinter der Kamera stand dabei Lee Daniel, Kameramann zahlreicher Richard Linklater-Filme wie Fast Food Nation.
Nahrungsmittelproduktion, Ökologie und gutes Essen sind bei der Berlinale nicht nur auf der Leinwand ein Thema. Für den Berlinale-Direktor Dieter Kosslick, der sich vor über zehn Jahren von der Food-Aktivistin Alice Waters und dem Slow-Food-Begründer Carlo Petrini zum Kulinarischen Kino inspirieren ließ, sind Ernährung, Genuss, Umwelt und fairer Anbau ein wichtiges Anliegen. Eine kleine Kostprobe, wie nachhaltiges Essen und gutes Catering aussehen kann, geben internationale Spitzenköche auf der Berlinale, die auch leckeres Street Food anbieten.
“Die Medien spielen eine zentrale Rolle im Kampf gegen den Klimawandel. Es ist wichtig, in Filmen, im Fernsehen und all den anderen Auswertungskanälen immer wieder darauf hinzuweisen, dass es Lösungen gibt, die wir heute umsetzen können. Wir müssen die Menschen ansprechen und sie zum Handeln auffordern. Filme wie Avatar, The Day After Tomorrow und Dokus wie Years of Living Dangerously, bei der ich stolz darauf war, dabei sein zu können, sind sehr beliebt; sie erreichen und inspirieren Millionen von Menschen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass vor allem Filme mit ihrer starken Inspirationskraft die Menschen dazu bewegen können, selbst aktiv zu werden. Es ist großartig zu sehen, das einige meiner Freunde aus der Filmbranche mit Klimaschutzorganisationen zusammenarbeiten, um diese Nachrichten weiter zu verbreiten.“
"Es ist höchste Zeit, Dreharbeiten in Deutschland endlich ein wenig ‚grüner‘ und nachhaltiger zu organisieren. Bisher staune ich Bauklötze, wie umweltfeindlich der Großteil unserer Branche arbeitet.
Das fängt mit den bis heute nur einseitig bedruckten Drehbüchern an, geht mit den PET-Flaschen in Produktionsbüros und den Unmengen an Plastikmüll bei jedem Catering weiter und hört bei den dicken Limousinen zwecks Roter-Teppich-Vorfahrten leider nicht auf.
Ich lasse mich seit Jahren gerne belächeln, wenn ich mit meiner eigenen Tasse komme und mich weigere, von Papp- oder Plastiktellern und mit Plastik-Besteck Billigfleisch zu mampfen. Es wäre großartig, wenn der Grüne Drehpass hier etwas verändern könnte."
„Es ist fantastisch, dass sich mittlerweile Filmemacher auf der ganzen Welt zusammenreißen und versuchen, ihre Filme so nachhaltig wie möglich zu drehen. Ich denke, wir sollten die starke Kraft der bewegten Bilder nicht unterschätzen, welche die Herzen und Seelen der Menschen verändern.
Neben dem Versuch, in unserem eigenen Bereich umweltbewusster zu handeln, können wir auch das Bewusstsein dafür schärfen. Denn Kino kann die Welt verändern.Die Filmemacher sollten damit beginnen, diese wirkungsvolle Waffe einzusetzen und ihre Kamera in die Hand nehmen.
Lasst uns nicht nur versuchen, „weniger schlecht“ zu sein. Lasst uns versuchen, das Richtige zu tun, um eine Veränderung zu bewirken, die wir alle dringend benötigen.“
“Wir leben in einer Zeit, in der wir uns nicht mehr verantwortungslos der Natur gegenüber verhalten dürfen. Um so wichtiger ist es, dass auch Filmproduktionen versuchen, so umweltschonend wie möglich zu arbeiten. Ein Filmteam produziert jeden Tag Berge von Müll. Ich selbst versuche beim Dreh auf Plastikbecher zu verzichten, bringe meine eigene Tasse mit, benutze umweltfreundliche Kosmetika und vermeide unnötige Einzelfahrten.”
Foto ® Maddalena Arosio
Darren Aronofsky, Regisseur von Noah / Jurypräsident der 65. Internationalen Filmfestspiele Berlin
“Als wir Noah gefilmt haben, war uns klar, dass wir einen Film über den ersten Steward der Welt drehen, deshalb wollten wir selbst gute Stewards sein. Bei Dreharbeiten fällt in der Regel unglaublich viel Müll an. Durch Organisationen wie die Earth Angel waren wir in der Lage, das ein bisschen einzudämmen.”
„Wir sind grün. Bei einer Filmproduktion fällt sehr viel Müll an, was uns besonders bewusst wird, wenn große Sets abgebaut werden. Wir beteiligen uns deshalb stark an einem Recycling-Programm. Wir unternehmen all diese Anstrengungen, um so nachhaltig wie möglich zu sein.“
Vorsitzende des PGA Green West / Produzentin und Moderatorin von EcoPop TV
„Als Fernseh- und Filmproduzentin versuche ich, möglichst viele umweltfreundliche Handlungen in meine Geschichten einzubauen. Denn das ist genauso wichtig, wenn nicht sogar mehr, wie nachhaltig hinter den Kulissen zu arbeiten!
Zu diesem Zweck beteilige ich mich an PGA Green, der grünen Initiative des Producers Guild of America. Wir unterstützen Produzenten mit praktischen Ratschlägen und einem CO2– Rechner, damit sie nachhaltiger produzieren.
Wir haben in Partnerschaft mit den Hollywoodstudios den kostenlosen www.greenproductionguide.com kreiert, der als grüne Datenbank mit über 2.000 Lieferanten weltweit nachhaltige Produktionslösungen bietet!“
„Ich würde mich sehr freuen, wenn ich die Gelegenheit bekomme, in einem grünen Film mitzuspielen. Unsere Umwelt ist, was uns inspiriert, deshalb müssen wir sie schützen.“
Regisseur (Fraktus, Dorfpunks, Am Tag als Bobby Ewing starb)
„Es ist etwas peinlich, dass das grüne Thema jetzt erst in unserer Branche ankommt, denn es gibt schon lange viele Möglichkeiten, effizienter zu drehen.
Technische Innovationen wie energiesparende Beleuchtungstechnik sind dabei genauso wichtig wie die Sensibilität jedes einzelnen Team-Mitglieds.“
Douglas Trumbull, Produzent, Regisseur und Visual Effects Supervisor (2001: Odyssee im Weltraum, Blade Runner)
„Die Trumbull Studios in Massachusetts versuchen so grün zu sein wie möglich, wozu der Einsatz von LED-Scheinwerfern, Sonnenenergie und Solar-Laptops gehört. Und zwar nicht nur, weil die Stromstärke und der Drehstrom an unserem Standort begrenzt sind, sondern weil wir davon überzeugt sind, dass wir als Branche gegenüber der Allgemeinheit und unserem Planeten die Verantwortung haben, sauber zu produzieren.“
Wir planen, einen digitalen Film in 3D 4K mit 120 Bildern pro Sekunde an entlegenen, unzugänglichen Orten zu drehen, an denen es keinen Strom gibt. Solarstrom ist der Weg, den wir einschlagen müssen.“
Dieter Kosslick, Direktor der Internationalen Filmfestspiele Berlin
„Die Berlinale beschäftigt sich schon seit Jahren aktiv mit dem Thema Nachhaltigkeit. Wir begrüßen es sehr, dass nun eine wachsende Anzahl von Filmemachern, darunter unser diesjähriger Jury-Präsident Darren Aranofsky, am Set grünen Regeln folgt.“
Benoit Delhomme
Kameramann (Theory of Everything, The Most Wanted Man)
„Ich habe nie konkrete Vorgaben erhalten, wie ein grüner Film gedreht werden soll, aber wir versuchen, es umzusetzen. Das ist etwas Neues für mich.
Nachtszenen werden mitunter zu stark ausgeleuchtet. Ich vermeide das. Wenn ich etwas mit bloßem Auge sehen kann, reicht das auch für die Filmaufnahmen. So gesehen bin ich ein grüner Kameramann.“
Oscar-Preisträger Jeremy Irons, der in dem Berlinale-Wettbewerbsbeitrag Nachtzug nach Lissabon die Hauptrolle spielt, ist ein Fan der Mülltrennung. „Besonders in Deutschland hat sich viel getan. Ihr seid vorbildlich, was die Mülltrennung betrifft.“
Der Hollywoodschauspieler ist um die ganze Welt gereist, um für die Umwelt-Doku Trashed von Candida Brady zu werben, die sich mit der globalen Müllproblematik auseinandersetzt: „Wir kaufen etwas, werfen es weg, verbrennen es und dann ignorieren wir es“ , sagt Brady. „Zusammen mit Jeremy Irons als unseren Reiseführer entdecken wir, was mit den Milliarden Tonnen von Abfall geschieht, die jedes Jahr heimlich entsorgt werden.“
Seit der Weltpremiere bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes 2012 hat Trashed diverse Auszeichnungen und Preise auf internationalen Festivals erhalten.
Helen Hunt
Schauspielerin
„Ich arbeite mit der amerikanischen Firma Sungevity zusammen, die Sonnenkollektoren für Privathäuser vermietet. Sie versteht es, innovative ökologische Konzepte zu entwickeln, die auch ökonomisch erfolgreich sind. Das ist mein kleiner, aber kontinuierlicher Beitrag zum Umweltschutz. Ich denke, wenn jeder etwas dazu beiträgt, kann das im Endeffekt sehr viel bewirken.“