Wasser, Visionen und Lebenswelten

Mit einem starken Akzent auf Umweltschutz, Artenvielfalt und Nachhaltigkeit hat sich die 23. Ausgabe des Film- und Naturfilmfestivals NaturVision in Ludwigsburg präsentiert. Erstmals fand das Festival unter der neuen Leitung von Beatrix Wesle statt, die das Filmprogramm unter das Motto „Wasser – Lebenswelten“ stellte. Green Film Shooting-Redakteur Bernd Jetschin hat sich die Filme angesehen. Das Thema gestresster Wasserbestände weltweit durch übermäßigen Verbrauch sowie Verschmutzung zog sich wie ein roter Faden durchs diesjährige Programm.

 

Zum Auftakt gezeigt wurden zwei Kurzfilme, die sich auf die Folgen übermäßigen Wasserverbrauchs fokussieren. In ikonografischen Bildern schildert der Kurzfilm Qotzuni –Die Menschen des Sees von Gaston Zilbermann und Michael Salvana, wie die Fischer am Poopo Salzsee in Bolivien, dem zweitgrößten See in den Anden, inzwischen praktisch auf dem Trocknen sitzen. Klimawandel und der starke Wasserbedarf von Silber- und anderen Erzminen, die sich im Zustrom zum Salzsee bedienen, haben den Wasserkreislauf destabilisiert. Diese Kurzdoku wurde mit dem NaturVision Kurzfilmpreis ausgezeichnet.

 

Auch das Regiedebüt des britischen Meeresbiologen Jaxon Derow, der Kurzfilm Die schwindende Oase beschäftigt sich mit den Folgen einer intensiven Wassernutzung durch Industrie und vor allem durch die Landwirtschaft. In diesem Film ist es der große Salt Lake in Utah, der auszutrocknen droht mit katastrophalen Folgen für die Umwelt und Ökonomie dieser Region. Giftige Staubpassate könnten künftig auch die Gesundheit der Städter gefährden. Die eindringlich Schilderung der komplexen Zusammenhänge in diesem zehnminütigen Kurzfilm würdigte die Jury mit dem Newcomer-Preis.

 

Die indische Philosophin, Ökologin und Umweltaktivistin Vandana Shiva, auch als Gandhi des Getreides bekannt, erläutert in der ARTE-Doku Wohin die Flüsse verschwinden von Felix Meschede und Manuel Daubenberger, dass Wasser und Ernährung einen Kreislauf bilden. Wo dieser nicht mehr intakt ist, muss er wiederhergestellt werden. Entlang von sechs Flüssen in vier Kontinenten zeigt diese investigative Reportage auf, warum die Ressource Wasser immer knapper wird. Eine Ursache ist vor allem die Landwirtschaft, auf die siebzig Prozent des Wasserverbrauchs zurückgehen. Einen wesentlichen Anteil daran besitzt die Futtermittelproduktion. Der Fleischkonsum ist mit dafür verantwortlich, dass mächtige Flüsse wie der Ebro in Spanien oder der Colorado River in den USA auszutrocknen drohen.

 

Von extremen Wasserstress wird gesprochen, wenn mehr als vierzig Prozent des Wassers genutzt wird. Ein Viertel der landwirtschaftlich genutzten Flächen liegen in Wasser gestressten Regionen. Zu ihnen gehört Ägypten, wo Kartoffeln und Erdbeeren für Europa angebaut werden, die dort ein Vierfaches an Bewässerung benötigen. Das Wasser wird dort zudem für den Anbau der Futterpflanze Alfalfa benötigt. Das Geschäft mit dieser hochwertigen Futterpflanze für die Viehzucht ist für global agierende Konzerne sehr profitabel, während sich ägyptische Bauern oder auch Farmer in den USA entlang des Colorado Rivers regelrecht das Wasser abgraben, um die Alfalfa-Plantagen intensiv zu bewässern.

 

Die ARTE-Doku zeigt aber auch positive Entwicklungen auf wie die Rückbesinnung auf alte Agrartechniken in Indien, die alte ausgetrocknete Flüsse inmitten der Wüste wieder zum Fließen bringen, wie auch die Hydrophonik-Kulturen in Ägypten, bei der Pflanzen in nährstoffreichem Wasser gedeihen und keine Erde mehr benötigen. In Frankreich wurde mit dem Rückbau von Staudämmen begonnen, damit die Flüsse wieder natürlich ins Meer fließen und Lachse flußaufwärts zum Laichen kommen.

 

Mit dem Deutschen Umwelt- und Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet wurde die Produktion Tauchfahrt am Nordpol über die Arcwatch Expedition mit dem Forschungsschiff Polarstern, die im Sommer 2023 fernab von menschlicher Zivilisation bei Tauchgängen in 4000 Meter Tiefe eine mit Mikroplastik verunreinigte Meeresfauna vorfand. Die Algenbestände schwinden massiv, was mit Folgen für das gesamte Ökosystem verbundn ist, warnen die Wissenschaftler.

 

Einige Dokus im Programm widmeten sich dem Thema Aktivismus und unterschiedliche Formen des Widerstands. Mit der Frage, was sich durch Akivismus bewirken lässt und wo dieser an seine Grenzen stößt, beschäftigen sich die Dokumentarfilme System Change – A Story of Growing Resistance von Klaus Sparwasser, Was brennt von Jana Bauch über die Klimaaktivisten im Wald von Lützerath sowie die Langzeit-Doku Bis hierhin und wie weiter? von Felix Maria Bühler, die Einblick in die Klimabewegungen Fridays For Future, Extinction Rebellion, Ende Gelände und Letzte Generation gibt.

 

Der Regiestudent an der Filmhochschule Konrad Wolf in Babelsberg hat fünf Klimaaktivisten über ein Jahr mit Kamera und Rucksack begleitet. Die Jugendjury des Festivals verlieh dieser ressourcenschonend produzierten Doku den mit 2000 Euro dotierten Preis, den das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg gestiftet hat. Bis hierhin und wie weiter startet am 19. September, einen Tag vor dem globalen Klimastreik von Fridays for Future, in den deutschen Kinos.

 

 

Fotos: © Max Kullmann,;Gastón_Zilberman,;Tobias Metz/Natur Vision,;Felix Meschede/ARTE; BHUWW

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