Bei der mobilen Stromerzeugung am Filmset geht der Trend zum Einsatz umweltschonender Lösungen. Ob Festnetzstrom, Betankung von Generatoren mit alternativen Kraftstoffen, Hybridlösungen oder Batteriespeicher mit Solarpanels – es gibt diverse Möglichkeiten. Anreize und Auflagen sollen dazu beitragen, die Nutzung lauter, luftverpestender Aggregate zu reduzieren. Als ein Hebel erweist sich der Einsatz effizienter Lichttechnik. Damit punkten Produktionen gleich doppelt, denn die Energie, die nicht verbraucht wird, ist sowohl die umweltfreundlichste als auch die kostengünstigste Lösung.
„In den letzten 220 Drehtagen haben wir nur an zehn Tagen einen Generator verwendet“, sagt der Oberbeleuchter Michael Becker mit Blick auf seine jüngsten Projekte, zu denen die Disney-Serie Habibi Baba Boom zählt. Beim Dreh der TV-Komödie Die Beste zum Schluss kam gar kein Aggregat zum Einsatz. „Tendenziell geht die Nutzung von Generatoren zurück und sie werden nur an wenigen Drehtagen eingesetzt“, bestätigt Mike Zimmermann, Geschäftsführer vom Lichthaus in Berlin.
Wachsender Beliebtheit erfreuen sich Batteriespeicher, die sich maßgeblich durch Kapazität, Ladezeit, Größe und Gewicht unterscheiden. Die Düsseldorfer Twist Filmproduktion setzt für die mobile Stromversorgung das nur 20 kg schwere Instagrid-System ein. Das wasser- und staubdichte Powerpaket liefert 2,1 kWh im tragbaren Format und ist binnen zweieinhalb Stunden wieder aufgeladen. „Es ist ideal für das Laden von Akkus direkt am Set, was den Workflow erheblich vereinfacht und hilft uns, effizienter zu arbeiten“, sagt der Creative Producer Lukas Gardemann. „Mit Instagrid können wir problemlos wichtige Ausrüstung wie Lampen und Monitore betreiben.“
Zwei kompakte und emissionsfreie Lösungen bietet das französische Unternehmen Pess Energy mit den Systemen Bobine und Wattman, die über eine Akku-Kapazität von 5 kWh und 10 kWh verfügen. Dank der stabilen All-Terrain-Räder und speziell gegen Erschütterungen und Temperaturschwankungen getesteten Zellen punkten die beiden Power-Pakete in der Handhabung. Bei der Entwicklung hat der Firmengründer Rémi Pillot ein besonderes Augenmerk auf das Verhältnis von Leistung zu Gewicht gelegt. Bobine bringt bei einer Leistung von 4.000 W 50 kg auf die Waage. Wattmann liefert 6.000 W und wiegt 85 kg.
Der PV-Pionier, der einst mit einem Solarmobil durch Frankreich tourte, hat auch Wattman und Bobine mit einem mobilen Solarpanel-Set ausgestattet. Das Plug-and-Play-System besteht aus vier PV-Modulen, die einen Wirkungsgrad von rund 21 Prozent und eine maximale Leistung von jeweils 440 Wp besitzen. Ein Set mit vier Solarpanels kann Geräte bis 1.500 W mit Strom versorgen. Mt den faltbaren Solarpanels können Bobine und Wattman innerhalb von sechs Stunden vollständig aufgeladen werden.
Durch die Kombination von PV-Panels und leistungsstarken Batteriespeichern ist es sogar möglich, die gesamte Basis eines Filmsets mit Strom zu versorgen, wie die französische Produktion C’est le monde à l’envers ! beweist. Fest installierte PV-Panels und ausfahrbare Module auf einem Anhänger lieferten beim Dreh Solarenergie zum Laden von Kameras und Akkus. Der Strombedarf von Licht und Kamera wurde vorab kalkuliert. „Wir haben mehr Solarstrom produziert als wir benötigten“, sagt Pascal Guerrin, Chef der französischen Produktionsfirma Bonne Pioche. Für die Energiesicherheit sorgte ein 11 kWh Batteriespeicher.
Die E-Fahrzeuge der Crew wurden im Naturpark an mobilen Ladestationen gespeist, die auch bei der Tour de France eingesetzt werden. Für die Umsetzung dieses ambitionierten Energiekonzeptes haben die Green Consultants von Secoya diverse Firmen wie TYVA Energie, Mobivolt und Drop’n’Plug als Partner an Bord geholt. Die innovative Umsetzung dieses umwtschonenden Energie- und Mobilitätskonzepts hat der Produktion den Eisvogel – Preis für nachhaltige Filmproduktion 2024 eingebracht.
Eine steigende Nachfrage nach umweltschonenden Stromerzeugern verzeichnet Maier Bros. „Unsere Filmhybride wurden in einem Gesamtzeitraum von 41 Wochen an vierzehn Produktionen vermietet“, konstatiert Knut Maier, Inhaber des Kölner Equipment-Verleihs. Dazu gehörten Kinofilme wie Woodwalkers, Die Schule der magischen Tiere 3, Es geht um Luis, die Disney-Serie Pauline sowie die für Amazon produzierte Serie Never Ever. „Der Filmhybrid 100 arbeitet durch das hybride System im optimalen Wirkungsgrad. Dadurch ist er effizienter, sparsamer und erzeugt 30 Prozent weniger Rußpartikel als ein Diesel-Aggregat“, erklärt Knut Maier. Mit dem von Kemama entwickelten Filmhybrid 30/60 lassen sich die CO2-Emissionen im Vergleich zu einem konventionellen Diesel-Fahrzeug mit Stromerzeuger sogar halbieren.
Als Weiterentwicklung des Filmhybrid 100 ist der neue Filmhybrid 130 konzipiert. Bei der Konstruktion dieses neuen Stromversorgers haben Maier Bros. und Polyma auf den Erfahrungswerten des FH 100 aufgebaut. Als hybrides System arbeitet der FH 130 bei geringen Stromanforderungen ebenfalls im reinen Batteriebetrieb, wofür langlebige und recyclingfähige LiFePo-Akkuzellen verbaut wurden. Mit der Gesamtleistung von 25 kW entspricht die Wechselrichter- Technik einem vollwertigen 32 A CEE rot-Anschluss. Die Akkuzellen werden in diesem Hybrid-System im optimalen Wirkungsgrad von einem zusätzlichen Generator nachgeladen, ausgestattet mit einer 100kVA LPG-Maschine, erzeugt dieser im Dauerbetrieb 30 Prozent weniger Rußpartikel als eine klassische Diesel-Maschine. „Mit einer Gesamtleistung von 130 kVA gibt es nun einen modernen, effizienten und umweltschonenden Filmhybrid in einer neuen Leistungsklasse“, betont Knut Maier.
In dieser Größenordnung ist auch CineGreen mit einem neuen 100 kW-Stromspeicher unterwegs, der eine Leistung von 160 kWh liefert. Zudem hat das Züricher Unternehmen
mit dem emissions- und geräuschlosen Stromerzeuger Salt-E Dog eine Neuentwicklung der US-Firma Anton/Bauer auf den Markt gebracht, der mit einer 9 kWh Batterie aus Natrium-Nickelzellen bestückt ist. Dieser innovative Stromspeicher ist speziell für Filmproduktionen entwickelt worden. Sein Einsatz am Set ist besonders sicher, da keine Lithiumbatterien verbaut sind, die bei Beschädigung in Brand geraten oder explodieren können. Durch den Verzicht auf seltene Erden wie Lithium oder Kobalt punktet er mit einer besseren Ökobilanz. Im Vergleich zu Lithium-Lösungen sind natriumbasierte Batterien effizienter, verfügen über mehr Ladezyklen, besitzen eine höhere Lebensdauer und halten bis zu vierzig Prozent länger. Der Salt-E Dog liefert einen kontinuierlichen Output von 6 kW und ist dank seiner IP55-Zertifizierung wetter- und regenfest. Das System ist optional mit Photovoltaik-Panels erweiterbar.
Bisher setzen viele internationale Produktionen wie beispielsweise der Bond-Film No Time To Die in Reihe geschaltete Voltstack 5K-Speicher für ihre netzunabhängige Stromversorgung ein.
Von Portable Electrics Powerboxen profitierte ebenfalls Captain Marvel beim Dreh der U-Bahn-Szene, für die der Filmklassiker French Connection als Vorbild diente. Die Versorgung der Scheinwerfer in dem fahrenden Zug, in dem Brie Larson als kosmische Kriegerin einer Außerirdischen nachjagt, erfolgte mit 5K-Batteriespeichern.
Das kanadische Unternehmen bietet mit dem Voltstack 30k zudem ein Hybrid- System mit 80 kWh Output, bei dem sich Leistung, Energieverbrauch und Batteriestand in Echzeit per Software überprüfen lassen. Außerdem bringt Portable Electrics einen größeren Batteriespeicher mit 40 kW Akku-Kapazität und einer Dauerleistung von 130 kWh auf den Markt.
Fotos: © Florian Alzay, Twist Filmproduktion, Lightequip, Knut Maier und Polyma, Anton/Bauer, CineGreen, Portable Electric