Nachhaltiges Verpackungsdesign

Abfallmanagement ist ein Thema, das nicht nur bei Film- und Medienproduktionen oftmals kontrovers diskutiert wird. Die Anforderung, die verschiedenen Abfallströme zu trennen, ist in Deutschland seit August 2017 gesetzlich in der Gewerbeabfallverordnung festgeschrieben, wird aber in der Praxis oftmals nicht erfüllt. Im Gegenteil, die Trennung von Abfällen wird oftmals sogar als eine grüne Heldentat betrachtet. Seitdem die Vermüllung der Meere mit Plastikabfällen in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist, werden Verpackungen kritischer betrachtet und mitunter ihr Nutzen in Frage gestellt.

 

In Deutschland ist das Aufkommen an Verpackungsmüll in den letzten Jahrzehnten von 15,1 Mio. Tonnen im Jahr 1991 auf inzwischen 18,3 Mio. Tonnen angestiegen. Das Verpackungsgesetz, das seit dem 1. Januar 2019 in Deutschland gilt, soll dazu führen, dass Unternehmen ihre Verpackungen stärker hinsichtlich ihrer Recyclingfähigkeit unter die Lupe nehmen. Die Entwicklung von nachhaltigen Verpackungen war ein zentrales Thema bei der Konferenz Solpack 3.0, zu der das deutsche Unternehmen Pacoon hochkarätige Experten aus dem In- und Ausland eingeladen hat, die Aufschluss über ihre aktuellen Ansätze, Projekte und Initiativen gaben.

 

 

An umweltverträglichen Alternativen für Verpackungen, welche zugleich die hohen Standards des deutschen Lebensmittelrechts erfüllen, wird in Forschungseinrichtungen und Unternehmen auf Hochtouren gearbeitet. Bei Orangensaftflaschen aus Kunststoff sind beispielsweise ein UV-Filter und ein Sauerstoff-Filter vorgeschrieben. Die Verpackungen für abgepacktes Fleisch muss so gestaltet sein, dass dies 42 Tage hält. Am Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV) werden derzeit Protein-basierte Beschichtungen getestet, die bei Verpackungen als Mineralöl- und Sauerstoffbarriere wirken sollen, um die Haltbarkeit von Lebensmitteln zu verlängern. Zu diesem Zweck im Labor auf ihre Eigenschaften geprüft wurden Ackerbohne, Molke, das als Nebenprodukt bei der Käseherstellung anfällt sowie ein Protein, das bei der Herstellung von Kartoffelstärke aus dem Abfallstrom gewonnen wird.

 

 

Die Anforderungen an die Kreislaufwirtschaft sehen vor, wertvolle Wertstoffe zu erhalten und wieder einzusetzen. Allerdings erweist es sich bei zahlreichen Produkten aufgrund ihres komplexen Materialaufbaus das Recycling als schwierig. Dazu zählen Kombidosen aus verschiedenen Komponenten wie einem Alu-Verbund aus Alu und Polyethylen (PE), einem Verbund aus PE und Karton, während der Boden aus Weißblech und der Deckel aus den thermoplastischen Kunststoff Polypropylen (PP) bestehen. Erschwerend hinzu kommt dabei das Gewicht, durch das höhere Transportkosten verursacht werden. Als nachhaltige Alternative dazu entwickelt VerDeSoft die neue Kartondosen-Technik Sustain-Can, die eine hohe Recyclingfähigkeit besitzt, da sie sich leicht in verschiedene Abfallfraktionen trennen lässt.

 

Aufschluss darüber, wie sich Kunststoffverpackungen aus der Wertstoffsammlung des dualen Systems zurück in den Kreislauf führen lassen, gibt Helmut Spaeter, Geschäftsführer des Unternehmens Barriopac. Zu den jüngsten Innovationen gehört ein neues Beschichtungsverfahren für PET-Flaschen, das es ermöglicht, die Flaschen zu hundert Prozent zu recyceln. Bisher sorgten Additive für eine wirkungsvolle Barriere, um Aromen oder Kohlensäure zu erhalten. Bei dem neuen Verfahren wird durch eine hauchdünne Schutzschicht aus Siliziumoxid (SiOx) auf der Innenwand der PET-Flaschen sichergestellt, dass kein Sauerstoff in die Flasche gelangt, durch den Vitamine und Geschmack verloren gehen. Während die Zusätze bisher eine sortenreine Wiederaufbereitung des PET-Materials verhinderten, kann die Beschichtung jetzt im Standardverfahren durch Lauge abgewaschen werden, um sortenreines PET zu erhalten, das vollständig wiederverwertbar ist.

 

„Das Plastikmüllproblem ist ein Sortierproblem“, sagt Jochen Mößlein, der mit seiner Firma Polysecure ein Verfahren entwickelt hat, um das Recycling von Kunststoffen durch Codierung zu verbessern. „Kreislaufwirtschaft erfordert Disziplin“, erklärt der Geschäftsführer und Gründer der Polysecure GmbH. „Es reicht nicht, Polyethylen einzusammeln und zu glauben, dass sich daraus wieder Verpackungen produzieren lassen.“ Um viele verschiedene Kunststoffe schneller und sortenrein sortieren zu können, hat er ein Verfahren entwickelt, bei dem das Material mit Hilfe von fluoreszierenden Markern identifiziert wird. Die fluoreszierende Farbe wird über das Etikett auf die Verpackung aufgetragen. Für die Entwicklung dieser innovativen Sortiertechnologie, durch die Kunststoffabfälle in bis zu 50 verschiedene Fraktionen getrennt werden können, ist er 2017 von der Bundesumweltministerin Barbara Hendricks mit dem StartGreen Awards ausgezeichnet worden.

 

Coca Cola würde gerne seine Flaschenverschlüsse aus Hart-Polyethylen wiederverwenden, die sich aber nicht aus dem herkömmlichen PE-Abfall extrahieren lassen. Die Flaschenverschlüsse aus Hart-Polyethylen enthalten ein spezielles Sauerstoffbarriere-Additiv, das störende Substanzen wie Sauerstoff aufnimmt, so dass der frische Geschmack des Getränks erhalten bleibt. Zudem lässt sich das „Tracer Based Sorting“-System auch dafür einsetzen, Inverkehrbringer zu identifizieren, die ihr Produkte ohne Lizenzabgabe in den Markt bringen. „Darüber lässt sich an jeder Sortiermaschine erkennen, wer ist Mitglied im System ist.“

Während die Recyclingquote von Kunststoffverpackungen in Deutschland nur bei 14 Prozent beträgt, liegt sie im Bereich Papier mit über 70 Prozent erheblich höher. Auch bei der Sammlung von Altpapier kommt es darauf an, dies möglichst sortenrein zu trennen, um die Grundlage für eine hochwertige Verwertung zu schaffen. Wie Papierrecycling funktioniert, erklärt Andreas M. Faul, Geschäftsführer der Internationalen Forschungsgemeinschaft Deinking-Technik Ingede.

 

 

Auf die Produktion von Produkten aus dem Rohstoff Holz ist die in Finnland ansässige Firma Metsä spezialisiert, die fünf verschiedene Geschäftsfelder bedient. Das Unternehmen Metsä Board stellt Faltkartons aus Zellstoff her. „Unsere Produkte werden aus nachwachsenden Holzfasern hergestellt, die aus nachhaltig bewirtschafteten nordeuropäischen Wäldern stammen und durch die PEFC- und FSC-Chain-of-Custody-Zertifizierungssysteme zu 100 % rückverfolgbar sind“, sagt Hans-Peter Kollmannsberger. Nach den Grundsätzen nachhaltiger Forstwirtschaft werden für jeden gefällten Baum werden vier neue Setzlinge gepflanzt.

 

Auf nachhaltiges Verpackungsdesign setzt auch Ruurd Schurt mit der niederländischen Firma JASA Packing Solutions, welche die innovative Verpackungslösung Bag-2-Paper™ kreiert hat, die zu 100% aus Papier besteht, ohne Kunststoffbeschichtung auskommt und ohne Versiegelung geschlossen wird. In Deutschland werden diese nachhaltigen Verpackungen bereits von einigen großen Lebensmittelketten unter anderem für den Vertrieb von Obst eingesetzt.

 

 

Norma Stangl, öffentlich bestellte Sachverständige für Verpackungsentsorgung, Gewerbeabfallverordnung und Batteriegesetz, berät Unternehmen dabei, wie sie ihre Verpackungen in Bezug auf die Vorgaben des Verpackungsgesetzes ändern können, um bestimmte Ziele zu erreichen. Die erste Verpackungsverordnung wurde in Deutschland schon vor 28 Jahren eingeführt. „Nach der Wiedervereinigung gab es keine Kapazitäten mehr für Mülldeponien“, berichtet Stangl. Bei der Prüfung des Müllaufkommens wurde festgestellt, dass ein Großteil des Mülls aus Verpackungen besteht. 1991 existierte nur die schwarze Mülltonne, in der alle Abfälle entsorgt wurden. Mit der Einführung des dualen Systems kam in Deutschland die gelbe Tonne hinzu. „Das Ziel ist, die Auswirkungen von Verpackungsmüll und die Menge an Verpackungsmüll zu vermeiden“, unterstreicht Stangl, die dafür plädiert, dass sich alle Beteiligten gemeinsam die Hemmnisse für die Recyclingfähigkeit anschauen, um diese zu verbessern.

 

 

Die Circular Economy Initiative Deutschland will den Dialog anstoßen, wie eine systemische Trendwende vom linearen zum zirkulären Wirtschaften gelingen kann. Die Erkenntnisse aus verchiedenen europäischen Strategien bildeten die Basis für die Vorstudie Deutschland auf dem Weg zur Circular Economy. Am Beispiel der Lebensmittelverpackung wird hervorgehoben, dass große Mengen von Verpackungsmaterial und Zusatzstoffen oftmals die Kreislaufführung von Nahrungsmittelabfällen einschränkten. „Die Transformation zu einer Circular Economy erfordert disruptive Veränderungen und radikale Innovationen, denn sie bringt vielfach neue Geschäftsmodelle und Produktgestaltung mit sich“, lautet eine Quintessenz in der Vorstudie.

Fotos: © GFS/ Andreas Lischka/Pixabay Videos: © GFS

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