In Großbritannien wird bei allen Auftragsproduktionen für BBC,ITV oder Sky gefordert, den ökologischen Fußabdruck erheben. Bereits mehr als 2.000 Vertreter von 300 Firmen sind registrierte Nutzer des CO2-Rechners albert. Mit dem Zertifizierungssystem albert+ will das BAFTA albert-Konsortium die Produktionen dazu anregen, grüne Maßnahmen zu finden, die zu Kostenersparnissen führen. Große Wirkung wird mit einer kleinen Nachhilfe in Sachen Nachhaltigkeit erzielt. Die Workshops für die Branchenvertreter werden wöchentlich angeboten.
“Bei diesem Training werden andere Arbeitsweisen vorgestellt“, erläutert Aaron Matthews, der Nachhaltigkeitsbeauftragte der BAFTA . Der kostenlose eintägige Kurs beinhaltet eine allgemeine Einführung in das Thema und zeigt den Branchenvertretern, wie sie ihre Produktionen grüner herstellen können. Der Privatsender ITV hat 80 Crew-Mitglieder von Coronation Street, der weltweit am längsten laufenden Soap, in den Kurs geschickt. „Wenn so viele Teammitglieder geschult werden und sie begreifen, welche Auswirkung ihre Handlungen besitzen, dann ist die kritische Masse erreicht“, unterstreicht Matthews, der den CO2-Rechner nur als ersten Schritt begreift, um die angestrebten Ziele zu erreichen. „Erheben heißt nicht reduzieren.“
Albert ist 2011 vom BAFTA albert-Konsortium – einem Zusammenschluss von ITV, Sky, Channel Four, BBC sowie diversen unabhängigen Produktionsfirmen – entwickelt worden, damit die Fernsehproduktionen mit diesem Online-Werkzeug ihren ökologischen Fußabdruck erheben. Nach einer ersten Einschätzung in der Vorproduktion wie der ökologische Fußabdruck ausfallen könnte, werden die Daten in das System eingegeben und können während der Produktion laufend aktualisiert werden. „Dadurch werden den Produktionen ihre Emissionen stärker bewusst“, sagt Matthews. „Sie können ihre Ergebnisse mit denen anderer Genres und Produktionsarten vergleichen.”
Die Zertifizierung albert+, bei der Produktionen mit ein, zwei oder drei Sternen für ihre nachhaltigen Maßnahmen ausgezeichnet werden, ist keine Auflage der Sender. „Wir haben albert+ bei rund 30 Produktionen eingesetzt und sie dabei unterstützt, Einsparpotentiale zu finden.” Bei der BBC- Naturkunde-Serie Patagonia wurden 64 Tonnen CO2 gespart, was einer Summe von 32.000 Dollar entspricht, da in Chile ein lokaler Kameramann engagiert wurde, der auf Wildtiere spezialisiert idt. Die preisgekrönte britische Aristokraten-Serie Downtown Abbey konnte ihre Emissionen durch die Bündelung von Transporten, den gezielten Einsatz des Generators sowie zahlreiche LED-Scheinwerfer senken.
Auch bei Corrie wurde viel bewirkt. „Wir haben uns bei Coronation Street angestrengt, so ressourcenschonend, effizient und umweltbewusst wie möglich zu sein”, sagt der Produktionsleiter Dan Jackson. „Ich hoffe, dass unsere Arbeit bei Corrie dazu beiträgt, das diese Veränderungen in der Branche nicht als Belastung, sondern als Chance für Verbesserungen begriffen werden. Das ist nicht einfach, aber das gilt für viele Elemente bei der Programmproduktion und wir müssen diesem Anliegen mit genauso viel Enthusiasmus und Engagement begegnen — kein Fernsehproduzent würde bei einer Sache kalte Füße bekommen, weil ihm eine Herausforderung zu groß ist.”
Für den britischen Fernsehregisseur Steve Smith liegt es auf der Hand, dass das Umweltbewusstsein einer Produktion Hand in Hand mit perfekter Planung geht. „Produktionsleiter sind prima Typen, aber wenn die grünen Maßnahmen nicht von oben angeordnet werden, passiert wenig. Als Regisseur, der ein kreatives Team leitet, ist es deshalb wichtig, in der gesamten Produktion das Bewusstsein dafür zu wecken“, sagt der albert-Verfechter. „Wir müssen Szenenbildnern, Beleuchtern und der Kameracrew vermitteln, dass jeder seinen Teil dazu beitragen muss. Das sind alles Kreative, die unseren Planeten nicht zerstören wollen. Gerade bei Serien können die Regisseure mit kleinen Schritten große Veränderungen bewirken.”
Das BAFTA albert-Konsortium tut dies auch auf internationaler Ebene. „Die TV-Produzenten in den Niederlanden adaptieren albert”, berichtet Matthews. „Sie haben nur ein paar kleine Veränderungen daran vorgenommen, um ihn in den Niederlanden einzusetzen.”
“Die Medien spielen eine zentrale Rolle im Kampf gegen den Klimawandel. Es ist wichtig, in Filmen, im Fernsehen und all den anderen Auswertungskanälen immer wieder darauf hinzuweisen, dass es Lösungen gibt, die wir heute umsetzen können. Wir müssen die Menschen ansprechen und sie zum Handeln auffordern. Filme wie Avatar, The Day After Tomorrow und Dokus wie Years of Living Dangerously, bei der ich stolz darauf war, dabei sein zu können, sind sehr beliebt; sie erreichen und inspirieren Millionen von Menschen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass vor allem Filme mit ihrer starken Inspirationskraft die Menschen dazu bewegen können, selbst aktiv zu werden. Es ist großartig zu sehen, das einige meiner Freunde aus der Filmbranche mit Klimaschutzorganisationen zusammenarbeiten, um diese Nachrichten weiter zu verbreiten.“
"Es ist höchste Zeit, Dreharbeiten in Deutschland endlich ein wenig ‚grüner‘ und nachhaltiger zu organisieren. Bisher staune ich Bauklötze, wie umweltfeindlich der Großteil unserer Branche arbeitet.
Das fängt mit den bis heute nur einseitig bedruckten Drehbüchern an, geht mit den PET-Flaschen in Produktionsbüros und den Unmengen an Plastikmüll bei jedem Catering weiter und hört bei den dicken Limousinen zwecks Roter-Teppich-Vorfahrten leider nicht auf.
Ich lasse mich seit Jahren gerne belächeln, wenn ich mit meiner eigenen Tasse komme und mich weigere, von Papp- oder Plastiktellern und mit Plastik-Besteck Billigfleisch zu mampfen. Es wäre großartig, wenn der Grüne Drehpass hier etwas verändern könnte."
„Es ist fantastisch, dass sich mittlerweile Filmemacher auf der ganzen Welt zusammenreißen und versuchen, ihre Filme so nachhaltig wie möglich zu drehen. Ich denke, wir sollten die starke Kraft der bewegten Bilder nicht unterschätzen, welche die Herzen und Seelen der Menschen verändern.
Neben dem Versuch, in unserem eigenen Bereich umweltbewusster zu handeln, können wir auch das Bewusstsein dafür schärfen. Denn Kino kann die Welt verändern.Die Filmemacher sollten damit beginnen, diese wirkungsvolle Waffe einzusetzen und ihre Kamera in die Hand nehmen.
Lasst uns nicht nur versuchen, „weniger schlecht“ zu sein. Lasst uns versuchen, das Richtige zu tun, um eine Veränderung zu bewirken, die wir alle dringend benötigen.“
“Wir leben in einer Zeit, in der wir uns nicht mehr verantwortungslos der Natur gegenüber verhalten dürfen. Um so wichtiger ist es, dass auch Filmproduktionen versuchen, so umweltschonend wie möglich zu arbeiten. Ein Filmteam produziert jeden Tag Berge von Müll. Ich selbst versuche beim Dreh auf Plastikbecher zu verzichten, bringe meine eigene Tasse mit, benutze umweltfreundliche Kosmetika und vermeide unnötige Einzelfahrten.”
Foto ® Maddalena Arosio
Darren Aronofsky, Regisseur von Noah / Jurypräsident der 65. Internationalen Filmfestspiele Berlin
“Als wir Noah gefilmt haben, war uns klar, dass wir einen Film über den ersten Steward der Welt drehen, deshalb wollten wir selbst gute Stewards sein. Bei Dreharbeiten fällt in der Regel unglaublich viel Müll an. Durch Organisationen wie die Earth Angel waren wir in der Lage, das ein bisschen einzudämmen.”
„Wir sind grün. Bei einer Filmproduktion fällt sehr viel Müll an, was uns besonders bewusst wird, wenn große Sets abgebaut werden. Wir beteiligen uns deshalb stark an einem Recycling-Programm. Wir unternehmen all diese Anstrengungen, um so nachhaltig wie möglich zu sein.“
Vorsitzende des PGA Green West / Produzentin und Moderatorin von EcoPop TV
„Als Fernseh- und Filmproduzentin versuche ich, möglichst viele umweltfreundliche Handlungen in meine Geschichten einzubauen. Denn das ist genauso wichtig, wenn nicht sogar mehr, wie nachhaltig hinter den Kulissen zu arbeiten!
Zu diesem Zweck beteilige ich mich an PGA Green, der grünen Initiative des Producers Guild of America. Wir unterstützen Produzenten mit praktischen Ratschlägen und einem CO2– Rechner, damit sie nachhaltiger produzieren.
Wir haben in Partnerschaft mit den Hollywoodstudios den kostenlosen www.greenproductionguide.com kreiert, der als grüne Datenbank mit über 2.000 Lieferanten weltweit nachhaltige Produktionslösungen bietet!“
„Ich würde mich sehr freuen, wenn ich die Gelegenheit bekomme, in einem grünen Film mitzuspielen. Unsere Umwelt ist, was uns inspiriert, deshalb müssen wir sie schützen.“
Regisseur (Fraktus, Dorfpunks, Am Tag als Bobby Ewing starb)
„Es ist etwas peinlich, dass das grüne Thema jetzt erst in unserer Branche ankommt, denn es gibt schon lange viele Möglichkeiten, effizienter zu drehen.
Technische Innovationen wie energiesparende Beleuchtungstechnik sind dabei genauso wichtig wie die Sensibilität jedes einzelnen Team-Mitglieds.“
Douglas Trumbull, Produzent, Regisseur und Visual Effects Supervisor (2001: Odyssee im Weltraum, Blade Runner)
„Die Trumbull Studios in Massachusetts versuchen so grün zu sein wie möglich, wozu der Einsatz von LED-Scheinwerfern, Sonnenenergie und Solar-Laptops gehört. Und zwar nicht nur, weil die Stromstärke und der Drehstrom an unserem Standort begrenzt sind, sondern weil wir davon überzeugt sind, dass wir als Branche gegenüber der Allgemeinheit und unserem Planeten die Verantwortung haben, sauber zu produzieren.“
Wir planen, einen digitalen Film in 3D 4K mit 120 Bildern pro Sekunde an entlegenen, unzugänglichen Orten zu drehen, an denen es keinen Strom gibt. Solarstrom ist der Weg, den wir einschlagen müssen.“
Dieter Kosslick, Direktor der Internationalen Filmfestspiele Berlin
„Die Berlinale beschäftigt sich schon seit Jahren aktiv mit dem Thema Nachhaltigkeit. Wir begrüßen es sehr, dass nun eine wachsende Anzahl von Filmemachern, darunter unser diesjähriger Jury-Präsident Darren Aranofsky, am Set grünen Regeln folgt.“
Benoit Delhomme
Kameramann (Theory of Everything, The Most Wanted Man)
„Ich habe nie konkrete Vorgaben erhalten, wie ein grüner Film gedreht werden soll, aber wir versuchen, es umzusetzen. Das ist etwas Neues für mich.
Nachtszenen werden mitunter zu stark ausgeleuchtet. Ich vermeide das. Wenn ich etwas mit bloßem Auge sehen kann, reicht das auch für die Filmaufnahmen. So gesehen bin ich ein grüner Kameramann.“
Oscar-Preisträger Jeremy Irons, der in dem Berlinale-Wettbewerbsbeitrag Nachtzug nach Lissabon die Hauptrolle spielt, ist ein Fan der Mülltrennung. „Besonders in Deutschland hat sich viel getan. Ihr seid vorbildlich, was die Mülltrennung betrifft.“
Der Hollywoodschauspieler ist um die ganze Welt gereist, um für die Umwelt-Doku Trashed von Candida Brady zu werben, die sich mit der globalen Müllproblematik auseinandersetzt: „Wir kaufen etwas, werfen es weg, verbrennen es und dann ignorieren wir es“ , sagt Brady. „Zusammen mit Jeremy Irons als unseren Reiseführer entdecken wir, was mit den Milliarden Tonnen von Abfall geschieht, die jedes Jahr heimlich entsorgt werden.“
Seit der Weltpremiere bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes 2012 hat Trashed diverse Auszeichnungen und Preise auf internationalen Festivals erhalten.
Helen Hunt
Schauspielerin
„Ich arbeite mit der amerikanischen Firma Sungevity zusammen, die Sonnenkollektoren für Privathäuser vermietet. Sie versteht es, innovative ökologische Konzepte zu entwickeln, die auch ökonomisch erfolgreich sind. Das ist mein kleiner, aber kontinuierlicher Beitrag zum Umweltschutz. Ich denke, wenn jeder etwas dazu beiträgt, kann das im Endeffekt sehr viel bewirken.“