Prima Klima beim Green Visions Festival

Das neue Film- und Wissenschaftsfestivals Green Visions Potsdam unter der Leitung von Festival-Direkor Dieter Kosslick ist auf ein großes Besucherinteresse gestoßen. Spannende Diskussionen mit Wissenschaftlern und innovative Lösungsansätze zum Umgang mit der Klimakrise sorgten für volle Kinosäle. Auf dem Programm standen mehr als ein Dutzend Spiel- und Dokumentarfilmen zu Themen wie Meeresschutz, Ernährung, Landwirtschaft, Mode, Ressourcengewinnung sowie die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Klima-Aktivistinnen.

 

Auf dem „Markt für nachhaltiges Leben“ vor dem Filmmuseum Potsdam konnten die Besucher in Erfahrung bringen, welche Maßnahmen sich im Alltag ergreifen lassen. Die inhaltliche Bandbreite reichte dabei vom Anbau von Pflanzen und leckeren vegetarischen Speisen über das Upcycling von T-Shirts bis hin zur Wärme- und Kälteversorgung von Gebäuden via Geothermie, die von den Stadtwerken Potsdam bis 2035 umgesetzt werden soll.

 

 

Eröffnet wurde das viertägige Event im Filmmuseum Potsdam mit dem französischen Dokumentarfilm Les gardiennes de la planète, in dem der Filmemacher Jean-Albert Lièvre in spektakulären Unterwasseraufnahmen die Geschichte der Wale erzählt, die seit über fünfzig Millionen Jahren unverzichtbar für das Ökosystem des Planeten sind. Zu Gast war dabei die Tiefsee-Ökologin Antje Boetius, die das Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven leitet und an über vierzig meeresbiologischen Erkundungsexpeditionen teilgenommen hat. „Wir können uns wirklich keine Verzögerung beim Klimawandel und auch nicht das Verpassen unserer eigenen Ziele leisten“, sagt die Meeresbiologin, die als wissenschaftliche Beraterin die Verfilmung von Frank Schätzings Beststellerroman “Der Schwarm” begleitet hat.

 

Der Autor dieses erfolgreichen Wissenschafts-Thrillers war ebenfalls beim Green Vision Festival zu Gast und gab im Gespräch mit dem deutschen Literaturkritiker Denis Scheck Einblick in seine Arbeit. „Wir wissen viel weniger als man oft denkt über die Ursprünge des anthropogenen Klimawandels und was den menschengemachten vom natürlichen Klimawandel unterscheidet“, betonte Frank Schätzing. „Die Vorstellung, wir könnten alles schön planen und vorhersehen, wird oft von der Wirklichkeit konterkariert und das überfordert uns. Wir sind zwar evolutionär planende Wesen, aber wir sind nicht dafür geschaffen, einer Vielzahl von Bedrohungen – seien sie tatsächlicher oder potentieller Natur – Gleichrangigkeit einzuräumen.“

 

Die Klimawende zu vollziehen, koste sehr viel Geld, unterstrich Schätzing, aber sie nicht zu vollziehen, koste die Zukunft. „Dann wird es noch teurer, denn das Geld wird irgendwann überhaupt nicht mehr in Werschöpfung fließen können, sondern nur noch in Klimaanpassung verdampfen“, warnt der Autor. Jeder einzelne Mensch habe einen kleinen Handlungsradius, innerhalb dessen er etwas tun könne. „Wenn Handlungsräume zusammenfließen, ist das schon ein größerer Handlungsraum.“

 

 

Auf Zusammenhalt setzen die Klima-Aktivistinnen, die beim Green Visions Festival zu Gast waren. Die Vorstellung des Dokumentarfilms Bis hierhin und wie weiter?, für den der Filmemacher Felix Maria Bühler ein Jahr lang fünf Klima-Aktivistinnen mit der Kamera begleitet hat, war restlos ausverkauft. Nach der Vorführung, an der mehrere Schulklassen teilnahmen, stellte die Green Film Shooting-Herausgeberin Birgit Heidsiek dem Publikum die Protagonistinnen vor. Zu Gast war dabei auch die Fridays for Future-Aktivistin Lena Eichler, die zur bundesweiten Klima-Demo einlud, die im Anschluss an die Veranstaltung direkt gegenüber vom Filmmuseum Potsdam stattfand. Ein Diskussions-Thema waren auch die Protest-Aktionen der "Letzten Generation".

 

 

Ein weiteres Highlight beim Green Visions Festival war die Deutschland-Premiere des amerikanischen Dokumentarfilms Food, Inc. 2, die der Produzent Eric Schlosser persönlich präsentierte. Fünfzehn Jahre nach dem Oscar-nominierten Food, Inc. werfen die Filmemacher Robert Kenner und Melissa Robledo einen Blick auf die Lebensmittelindustrie und Politik der Agrarkonzerne. Bei der anschließenden Diskussion zu Gast war auch der Filmemacher und Aktivist Hannes Jaenicke, der deutlich Kritik übte, dass in der industriellen Landwirtschaft in Europa immer noch Pestizide wie das krebserregende Glyphosat eingesetzt werden.

 

Auf dem "Markt für nachhaltiges Leben" gab es hingegen Kostproben von gesundem Essen aus ökologischem Landbau. Der Verzehr von Obst und Gemüse trägt wesentlich zu einer ausgewogenen Ernährung bei und reduziert das Risiko für alters- und lebensstilabhängige Krankheiten. Aufgrund ihrer hohen Nährstoffdichte sind pflanzenbasierte Nahrungsmittel wichtige Quellen für die Aufnahme von Vitaminen, Mineralien, sekundären Pflanzenstoffen und Ballaststoffen. Am Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) wird derzeit die gesundheitsfördernde Wirkung von Brassica oleracea-Gemüsearten wie Kohlrabi, Wirsing, Blumenkohl, Weißkohl, Rotkohl, und Grünkohl erforscht.

 

 

 

Neben Schadstoffen in der Nahrung und im Wasser wird die menschliche Gesundheit  auch durch Abgase in der Luft wie Kohlenmonoxid, Schwefeldioxid, Kohlenwasserstoffe, Stickoxide und Feinstaub gefährdet, die durch den Autoverkehr ausgestoßen werden. Um so unverständlicher vermittelte es sich, dass in Potsdam direkt gegenüber den neuen Umwelt- und Wissenschaftsfestivals am Wochenende die The World of Motorshow  stattfand, bei der Autos mit lautem Getöse krachend zu Schrott gefahren werden. Zu den Werbepartnern dieses Ressourcen-zehrenden Action-Events, bei dem massive CO2-Emissionen ausgestoßen werden, gehörten das ProSieben Wissensmagazin Galileo und der ZDF-Fernsehgarten.

 

 

 

Fotos & Videos: © GFS

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