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Die Zeichen für die Film- und Fernsehproduktion in Deutschland stehen für 2019 auf grün. Das langjährige Engagement der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein (FFHSH), die 2012 mit dem Grünen Drehpass das erste Label für nachhaltige Filmproduktion in Europa kreiert hat, zieht immer weitere Kreise. Neben verschiedenen Filmförderungen setzen inzwischen auch erste Sender auf grüne Strategien. im WDR prüft eine Arbeitsgruppe des Ausschusses 
für Rundfunkentwicklung die Arbeits- und Produktionsprozesse in Hinblick auf ökologische Aspekte wie Co2-Reduktion, Umweltschutz und Energieeinsparung. Nach ersten nachhaltig produzierten Serien- und Showproduktionen hat Sky als der Produktionspartner der Erfolgsserie Babylon Berlin in der dritten Staffel die Umsetzung nachhaltiger Maßnahmen angeregt.

 

„Die grüne Produktion setzt sich allmählich in ganz Deutschland durch“, erklärt Christiane Dopp, die bei der Film Commission Hamburg das Öko-Label 2012 angestoßen hat. „Wir arbeiten mit anderen Institutionen daran, den Grünen Drehpass künftig in ganz Deutschland zu vergeben.“ Zu den rund 140 mit dem grünen Siegel ausgezeichneten Produktionen gehört das im Berlinale-Wettbewerb präsentierte Spielfilmdrama Systemsprenger von Nora Fingscheidt, bei dem die Kineo Filmproduktion und Weydemann Bros den Best Practices gefolgt sind. „Auch bei kleinen Budgets kann man Ressourcen schonen und gleichzeitig kosteneffizient arbeiten“, sagt der Produzent Jonas Weydemann.

 

Ein weiterer Hamburg-Kandidat für den Goldenen Bären ist Fatih Akin mit dem Horrorfilm Der Goldene Handschuh. Beim Dreh ist die Hälfte der Crew zum Set geradelt. Für die Ausstattung hat der Szenenbildner Tamo Kunz nur gebrauchte Möbel verwendet, die nach Drehschluss verkauft oder in den firmeneigenen Fundus gegeben worden sind.

 

 

Auf nachhaltiges Production Design hat auch die Tamtam FilmProduktion Tagundnachtgleiche gesetzt, die in Karlsruhe, Stuttgart und Hamburg gedreht worden ist. Beim Bau vier zentraler Motive folgte der Szenenbildner Christian Strang einem grünen Ansatz: Holz aus regionaler Herkunft, Schrauben statt Nägel, Verzicht auf umweltschädliche Lacke, Wiederverwertung der Baustoffe nach Produktionsende sowie kurze Transportwege. Regie bei diesem Spielfilmdebüt führte Lena Knauss, Absolventin der Hamburg Media School (HMS). „Es zahlt sich aus, dass wir schon seit 2013 Filmstudenten an die nachhaltige Produktion heranführen“, sagt Dopp. „Inzwischen ist dieses Modell in anderen europäischen Ländern adaptiert worden.“

 

Damit Filme nachhaltiger produziert werden können, muss durch entsprechende Nachfrage eine technische Infrastruktur mit umweltfreundlichem Equipment entwickelt werden. Förderungen und Sender können mit Anreizen, Auflagen und Auszeichnungen grüne Weichen stellen. Wichtig ist bei jeder Produktion, dass neben Regisseur und Produzent auch die Schauspieler beim grünen Drehen mitziehen. Der Hamburger Regisseur Lars Jessen, der bei seinen Filmen stets konsequent auf umweltfreundliche Maßnahmen setzt, will die Schauspielagenturen mit ins Boot holen.

 

„Mein Ziel ist, die Schauspieler, insbesondere die Stars davon zu überzeugen, uns auf diesem Weg zu begleiten“, betont Jessen. „Ein Vorbild dafür ist die Initiative ‚Flygskam‘ in Schweden, bei der Prominente voranschreiten und aufgrund der damit verbundenen Umweltbelastungen auf das Fliegen verzichten.“ In Schweden war diese Wortschöpfung, die auf deutsch „Flugscham“ bedeutet, das Wort des Jahres 2018.

 

Fotos: © Tamtam/Eva Katharina Bühler, Bombero/Warner/ Boris Laewen

 

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