Finger weg von giftigen Chemikalien

Die Welt der Stop-Motion-Animationsfilme ist bunt und fröhlich. Und was könnte mehr Spaß machen als mit Puppen zu spielen? Aber dieser Eindruck täuscht, wenn wir die Produktionsrealität näher betrachten. In Kunststoffmaterialien und Stoffen, Farben und Klebstoffen, die bei der Produktion von Stop-Motion Animationsfilmen zum Einsatz kommen, befinden sich gefährliche Substanzen, die gesundheits- und umweltschädlich sind. Die Studios sind deshalb gefordert, die Mitarbeiter mit Sicherheitsanweisungen, Masken und Handschuhen auszustatten.

 

Um Themen dieser Art geht es im StopMo Lab, einem internationalen Trainingsprogramm, das von Paulina Zacharek und Ola Wawrzynkiewicza geleitet wird. Die Green Consultants Birgit Heidsiek und Anika Kruse, die als Expertinnen umweltschonende Lösungen für Filmproduktionen aufzeigen, haben ein Curriculum für nachhaltige Stop-Motion-Animation entwickelt und zur Schulung von Drehbuchautoren, Regisseuren, Puppenmachern, Art Direktoren und Produzenten in der ganzen Welt eingesetzt. Die ersten Ergebnisse dieser Workshops wurden 2022 beim Animarkt Stop-Motion Forum in Lodz vorgestellt.

 

Aus diesem fachlichen Austausch resultiert der Green StopMo Guide, in dem ökologische Mindeststandards für Studios, Produktionsfirmen, Freischaffende und Studenten vorgestellt werden. Am Green StopMo Lab-Seminar haben der mexikanische Filmemacher Arturo Tornero und der Puppenmacher Nabí Orozco teilgenommen, die nach biologisch abbaubaren Alternativen für Silikon in der Stop-Motion Animationsproduktion gesucht haben. Fündig wurden sie bei der Professorin Sandra Pascoe Ortiz, die ein ungiftiges nachwachsendes Material aus Kaktusharz entwickelt hat, das mit dem Innovationspreis des mexikanischen Patentamts gekürt worden ist.

Das Bioplastik lässt sich gut in der Stop-Motion-Animationsproduktion einsetzen, da es sich wie Silikon leicht mit dem Messer schneiden, aber auch aus einem Armature entfernen lässt. „Das Material löst sich innerhalb eines Monats vollständig in Wasser oder im Kompost auf –und es ist sogar essbar”, sagt Arturo Tornero. „Kaktusgelee schmeckt gut. Es ist leicht würzig.“ Wie bei jeder Materialentwicklung müssen die Wissenschaftlerin und die Filmemacher die Einsatzmöglichkeiten testen. Dieser Werkstoff ist recht anspruchsvoll, da damit mehr Einschränkungen als mit anorganischen Chemikalien verbunden sind.

 

Anstatt nach umweltfreundlichen Materialien zu suchen, hält der Regisseur und Animator Kike Ortega in der chilenischen Produktionsfirma Pataka in Santiago nach bereits vorhandenen Materialien Ausschau. Wie bei der Produktion von Realfilmen geht es dabei vor allem um Kommunikation. Um umweltfreundlicher zu produzieren, muss das gesamte Team auf die Auswahl und Entsorgung der Materialien achten. „Ein Umweltbewusstsein ist hilfreich, um Ressourcen effizient einzusetzen, anstatt andersherum Ideen zu entwickeln, die bestimmte Materialien erfordern“, erklärt Kike Ortega. „Es ist nachhaltiger, die verfügbaren Ressourcen zu prüfen und auf umweltschonende Art einzusetzen. Ich beginne damit und entwickle dann eine Idee, was ich damit anfangen kann.“

 

Die preisgekrönte Stop-Motion-Animationsfilmemacherin Francesca Nobili hat ihre eigene Produktionstechnik
für Kurzfilme, die sie auf ihrer Plattform Circle Entertainment präsentiert. Ihr Ansatz sieht vor, Materialien zu finden und „etwas in etwas Anderes“ zu verwandeln wie eine Plastikspule für Zahnseide, die als Tasse oder Rad fungieren kann. Wenn sie etwas braucht, was es nicht gibt, findet sie eine andere Lösung. Als sie an ihrem Stop-Motion-Animationsfilm Guacamole gearbeitet hat, suchte sie stundenlang im Supermarkt nach einer passenden Tomate. Als sie argwöhnisch dabei beäugt wurde, entgegnete sie: „Starren Sie mich nicht so an. Ich suche nach einer Tomate, die ich animieren kann.“

 

Fotos: © GFS, Arturo Tornero , Kike Ortega, Jess Ferrara

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