Grüne Praktiken in der Postproduktion

Die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft „Reduce, reuse, recycle” sind auch in der Postproduktion anwendbar. Die französische Organisation Ecoprod hat in Kooperation mit der Branche einen grünen Leitfaden mit siebzig Maßnahmen zur umweltschonenden Gestaltung von Postproduktionsprozessen erarbeitet. Die Postproduktion besitzt im Schnitt einen Anteil von zwölf Prozent an dem CO2-Fußabdruck einer audiovisuellen Produktion.

 

An den verschiedenen Arbeitsschritten in der digitalen Postproduktion sind zahlreiche kreative und technische Spezialisten wie Coloristen, VFX-Artists, Post- und Bildingenieure beteiligt, die leistungsfähige Workstations benötigen, um das Bild- und Tonmaterial in vernetzten Storagesystemen miteinander auszutauschen und in hohen Auflösungen in Echtzeit zu verarbeiten.

 

Bei Filmproduktionen gilt es, die Umweltauswirkungen der gesamten Kette von der Vorproduktion über die Postproduktion bis hin zur Ausstrahlung zu bewerten, wozu auch der Ressourcen- und Energieverbrauch der verwendeten Geräte gehört. Laut einer 2023 veröffentlichten Studie der französischen Umweltagentur ADEME entfallen 2,5 Prozent sämtlicher CO2-Emissionen und zehn Prozent des Stromverbrauchs in Frankreich auf digitale Technologien.

 

Wie beim Filmdreh lässt sich auch in der Vorbereitungsphase der Postproduktion gemeinsam mit allen kreativen und technischen Teams eine Roadmap aufstellen, wie sich die Arbeitsabläufe umweltverträglicher gestalten lassen. Für die Koordination und Kommunikation nachhaltiger Maßnahmen ist ein Postproduktions-Supervisor zu benennen.

 

Der Energieverbrauch bei einem Projekt lässt sich zum Beispiel bei Datenübertragungen
senken. Dazu muss frühzeitig eine Abstimmung über zu benutzende Dateiformate, Auflösungen und Kompressionsraten erfolgen. Zudem ist der CO2-Fußabdruck und Energiebedarf des Postproduktionsequipments zu ermitteln. Die Beschaffung von generalüberholten Geräten schont Ressourcen, da es ihre Lebensdauer verlängert. Beim digitalen Datenmanagement lassen sich die Abläufe durch Nutzung lokaler Speicher für riesige Datenmengen optimieren, die energie-intensiven Cloud-Lösungen vorzuziehen sind.

 

Die Auswahl digitaler Tools und Programme hat ebenso Einfluss auf den Energieverbrauch. Zu empfehlen sind Open Source-Tools wie Blender für 3D, Krita für Illustrationen sowie der kostenlose Audioeditor Audacity. Die kostenlose Animationssoftware Blender hat der lettische Regisseur Gints Zilbalodis bei der Produktion seines preisgekrönten Animationsfilms Flow eingesetzt. „Ein großer Vorteil von Blender ist, dass sie mit der Echtzeit-Rendering-Software Eevee verbunden ist“, sagt Gints Zilbalodis. „Blender und Eevee haben mir erlaubt, viele Varianten anzulegen, unterschiedliche Kamerawinkel auszuprobieren und die Einstellung schnell zu rendern, um zu schauen, ob sie funktioniert oder nicht.“

 

Die Erstellung von 3D-Modellen erfordert viel Rechenpower und Energie, was sich durch
die Wiederverwendung von 3D-Modellen aus früheren Projekten reduzieren l.sst. Beim Rendern senkt die Nutzung GPU-basierter Rendering-Engines den Energieverbrauch, da diese den Hauptprozessor entlasten. Die Synchronisation, Nachvertonung, Toneffekte und Untertitelung können sich als ressourcenintensiv erweisen, wenn die Aufnahmen an unterschiedlichen Tagen erfolgen. Durch Remote-Lösungen lassen sich unnötige Reisen vermeiden.

 

Um die Wiederauffindbarkeit von Dateien zu erleichtern und speicherzehrende Dopplungen zu vermeiden, empfiehlt sich zu Beginn jedes Projektes ein effektives Management der Metadaten sowie eine Indexierung und standardisierte Benennung von Dateien. „In der Postproduktion gibt es zahlreiche Hebel, die es ermöglichen, den CO2-Fußabdruck der Branche zu senken“, erklärt Alissa Aubenque, Projektmanagerin von Ecoprod. „In unserem grünen Leitfaden zeigen wir auf, mit welchen Maßnahmen sich sowohl die Produktion visueller Effekte als auch die gesamte Pipeline in der Postproduktion energie- und ressourcenschonender gestalten lässt."

 

Fotos: © Quantel, Flow MFA+ Film

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