Beim Szenenbild und Set-Design müssen nicht zwangsläufig umweltschädliche Materialien eingesetzt werden. „Es gibt Alternativen“, weiß der Regisseur, Produzent und Nachhaltigkeitsexperte Philip Gassmann, der die grüne Worskshop-Reihe der Filmförderung Hamburg-Schleswig-Holstein (FFHSH) mit dem Thema Szenenbild und Set-Design in der Hanseatischen Materialverwaltung fortgesetzt hat. Neben der Verwendung von Materialien spielt es auch eine Rolle, wo gedreht wird, wie das Set zusammengestellt wird und welcher Aufwand damit hinsichtlich Transport, Bau und Entsorgung verbunden ist.
Nach einer Untersuchung der BBC aus dem Jahre 2014, die den CO2-Ausstoss von fiktionalen Formaten bei der Produktion im Studio, On Location sowie der Studio- und On Location-Produktion von großen Filmen ermittelt hat, sind On Location-Produktionen in der Regel doppelt so umweltschädlich wie eine reine Studioproduktionen, da Transporte und Reisen negativ in der Ökobilanz zu Buche schlagen. Das Team muss anreisen und das Material wird dorthin transportiert. „Der Bühnenbau ist dabei energieintensiver als im kontrollierten Studiobereich“, erklärt Philip Gasmann. „Diese Verkettungen müssen stärker ins Bewusstsein gerückt werden, um umweltbewusster damit umzugehen.“
Eine Ökobilanz sei auch eine Budgetbilanz. „Eine CO2-intensive Produktion kostet mehr. Grünes Produzieren ist häufig günstiger, da an Transport, Reisen, Material und Treibstoff gespart wird“, unterstreicht der Filmemacher. „Das sollte ein Anreiz für die Produzenten sein, sich stärker mit diesem Thema zu beschäftigen.“ Anstatt den Produktionsetat in weite Reisen und exotische Drehorte zu investieren, rät er, mehr Geld in die Kreativität der Gewerke und in den Dekobau zu stecken, um mit umweltfreundlichen Materialien eigene Welten zu kreieren.
Zu den umweltverträglichen Materialien, die sich beim Dekobau einsetzen lassen, gehört beispielsweise ein Kunststoff- und Styropor-Ersatzprodukt aus Pflanzenabfällen, die mit einem Pilz beträufelt werden. „In den USA wird dieses Myko-Material bereits hergestellt und für Bauteile, von der Automobilbranche zur Polsterung von Fahrzeugen sowie zur Herstellung von Surfbrettern verwendet. „Das Material besitzt ein großes Potential für den Set-Bau, denn es ist wetter- und wasser-resistent, nicht brennbar und komplett biologisch abbaubar.“
Auch Bambus sei für den Dekobau geradezu prädestiniert, da dieser leicht, fest, biegsam ist. „Gewicht ist auch eine Größe“, betont Gassmann. Zudem ist Bambus nachwachsend und kompostierbar.“ Als Alternative zu den mit Formaldehyd behandelten Spanplatten sind auch Arbeitsplatten aus alten Tetrapacks hergestellt worden. „Die Produktion ist jedoch mangels Nachfrage wieder eingestellt worden“, berichtet der Produzent. Es sei wichtig, den Teufelskreis aus zu hohen Stückpreisen und geringer Nachfrage zu durchbrechen und den Herstellern grüner Produkte zu signalisieren, dass es dafür durchaus einen Markt gibt, sofern diese günstiger geliefert werden.
„Künstler möchten gerne kreativ arbeiten und dabei nicht auf essentielle Elemente verzichten.“ Doch zu vielen Produkten gibt es inzwischen grüne Alternativen. So bietet Tesa ein Gewebeband auf Basis von nachwachsenden Materialien an, das sich statt des klassischen Gaffer Tapes einsetzen lässt. „Die amerikanischen Majors haben Regularien mit klaren umweltverträglichen Vorgaben, die an die Produktionen weitergegeben werden“, resümiert Philip Gassmann. „Die deutschen Produzenten können von ihnen noch etwas dazu lernen.“ Der Umweltexperte wird auf Green Film Shooting künftig persönlich Tipps und Trick zum grünen Produzieren geben.
“Die Medien spielen eine zentrale Rolle im Kampf gegen den Klimawandel. Es ist wichtig, in Filmen, im Fernsehen und all den anderen Auswertungskanälen immer wieder darauf hinzuweisen, dass es Lösungen gibt, die wir heute umsetzen können. Wir müssen die Menschen ansprechen und sie zum Handeln auffordern. Filme wie Avatar, The Day After Tomorrow und Dokus wie Years of Living Dangerously, bei der ich stolz darauf war, dabei sein zu können, sind sehr beliebt; sie erreichen und inspirieren Millionen von Menschen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass vor allem Filme mit ihrer starken Inspirationskraft die Menschen dazu bewegen können, selbst aktiv zu werden. Es ist großartig zu sehen, das einige meiner Freunde aus der Filmbranche mit Klimaschutzorganisationen zusammenarbeiten, um diese Nachrichten weiter zu verbreiten.“
"Es ist höchste Zeit, Dreharbeiten in Deutschland endlich ein wenig ‚grüner‘ und nachhaltiger zu organisieren. Bisher staune ich Bauklötze, wie umweltfeindlich der Großteil unserer Branche arbeitet.
Das fängt mit den bis heute nur einseitig bedruckten Drehbüchern an, geht mit den PET-Flaschen in Produktionsbüros und den Unmengen an Plastikmüll bei jedem Catering weiter und hört bei den dicken Limousinen zwecks Roter-Teppich-Vorfahrten leider nicht auf.
Ich lasse mich seit Jahren gerne belächeln, wenn ich mit meiner eigenen Tasse komme und mich weigere, von Papp- oder Plastiktellern und mit Plastik-Besteck Billigfleisch zu mampfen. Es wäre großartig, wenn der Grüne Drehpass hier etwas verändern könnte."
„Es ist fantastisch, dass sich mittlerweile Filmemacher auf der ganzen Welt zusammenreißen und versuchen, ihre Filme so nachhaltig wie möglich zu drehen. Ich denke, wir sollten die starke Kraft der bewegten Bilder nicht unterschätzen, welche die Herzen und Seelen der Menschen verändern.
Neben dem Versuch, in unserem eigenen Bereich umweltbewusster zu handeln, können wir auch das Bewusstsein dafür schärfen. Denn Kino kann die Welt verändern.Die Filmemacher sollten damit beginnen, diese wirkungsvolle Waffe einzusetzen und ihre Kamera in die Hand nehmen.
Lasst uns nicht nur versuchen, „weniger schlecht“ zu sein. Lasst uns versuchen, das Richtige zu tun, um eine Veränderung zu bewirken, die wir alle dringend benötigen.“
“Wir leben in einer Zeit, in der wir uns nicht mehr verantwortungslos der Natur gegenüber verhalten dürfen. Um so wichtiger ist es, dass auch Filmproduktionen versuchen, so umweltschonend wie möglich zu arbeiten. Ein Filmteam produziert jeden Tag Berge von Müll. Ich selbst versuche beim Dreh auf Plastikbecher zu verzichten, bringe meine eigene Tasse mit, benutze umweltfreundliche Kosmetika und vermeide unnötige Einzelfahrten.”
Foto ® Maddalena Arosio
Darren Aronofsky, Regisseur von Noah / Jurypräsident der 65. Internationalen Filmfestspiele Berlin
“Als wir Noah gefilmt haben, war uns klar, dass wir einen Film über den ersten Steward der Welt drehen, deshalb wollten wir selbst gute Stewards sein. Bei Dreharbeiten fällt in der Regel unglaublich viel Müll an. Durch Organisationen wie die Earth Angel waren wir in der Lage, das ein bisschen einzudämmen.”
„Wir sind grün. Bei einer Filmproduktion fällt sehr viel Müll an, was uns besonders bewusst wird, wenn große Sets abgebaut werden. Wir beteiligen uns deshalb stark an einem Recycling-Programm. Wir unternehmen all diese Anstrengungen, um so nachhaltig wie möglich zu sein.“
Vorsitzende des PGA Green West / Produzentin und Moderatorin von EcoPop TV
„Als Fernseh- und Filmproduzentin versuche ich, möglichst viele umweltfreundliche Handlungen in meine Geschichten einzubauen. Denn das ist genauso wichtig, wenn nicht sogar mehr, wie nachhaltig hinter den Kulissen zu arbeiten!
Zu diesem Zweck beteilige ich mich an PGA Green, der grünen Initiative des Producers Guild of America. Wir unterstützen Produzenten mit praktischen Ratschlägen und einem CO2– Rechner, damit sie nachhaltiger produzieren.
Wir haben in Partnerschaft mit den Hollywoodstudios den kostenlosen www.greenproductionguide.com kreiert, der als grüne Datenbank mit über 2.000 Lieferanten weltweit nachhaltige Produktionslösungen bietet!“
„Ich würde mich sehr freuen, wenn ich die Gelegenheit bekomme, in einem grünen Film mitzuspielen. Unsere Umwelt ist, was uns inspiriert, deshalb müssen wir sie schützen.“
Regisseur (Fraktus, Dorfpunks, Am Tag als Bobby Ewing starb)
„Es ist etwas peinlich, dass das grüne Thema jetzt erst in unserer Branche ankommt, denn es gibt schon lange viele Möglichkeiten, effizienter zu drehen.
Technische Innovationen wie energiesparende Beleuchtungstechnik sind dabei genauso wichtig wie die Sensibilität jedes einzelnen Team-Mitglieds.“
Douglas Trumbull, Produzent, Regisseur und Visual Effects Supervisor (2001: Odyssee im Weltraum, Blade Runner)
„Die Trumbull Studios in Massachusetts versuchen so grün zu sein wie möglich, wozu der Einsatz von LED-Scheinwerfern, Sonnenenergie und Solar-Laptops gehört. Und zwar nicht nur, weil die Stromstärke und der Drehstrom an unserem Standort begrenzt sind, sondern weil wir davon überzeugt sind, dass wir als Branche gegenüber der Allgemeinheit und unserem Planeten die Verantwortung haben, sauber zu produzieren.“
Wir planen, einen digitalen Film in 3D 4K mit 120 Bildern pro Sekunde an entlegenen, unzugänglichen Orten zu drehen, an denen es keinen Strom gibt. Solarstrom ist der Weg, den wir einschlagen müssen.“
Dieter Kosslick, Direktor der Internationalen Filmfestspiele Berlin
„Die Berlinale beschäftigt sich schon seit Jahren aktiv mit dem Thema Nachhaltigkeit. Wir begrüßen es sehr, dass nun eine wachsende Anzahl von Filmemachern, darunter unser diesjähriger Jury-Präsident Darren Aranofsky, am Set grünen Regeln folgt.“
Benoit Delhomme
Kameramann (Theory of Everything, The Most Wanted Man)
„Ich habe nie konkrete Vorgaben erhalten, wie ein grüner Film gedreht werden soll, aber wir versuchen, es umzusetzen. Das ist etwas Neues für mich.
Nachtszenen werden mitunter zu stark ausgeleuchtet. Ich vermeide das. Wenn ich etwas mit bloßem Auge sehen kann, reicht das auch für die Filmaufnahmen. So gesehen bin ich ein grüner Kameramann.“
Oscar-Preisträger Jeremy Irons, der in dem Berlinale-Wettbewerbsbeitrag Nachtzug nach Lissabon die Hauptrolle spielt, ist ein Fan der Mülltrennung. „Besonders in Deutschland hat sich viel getan. Ihr seid vorbildlich, was die Mülltrennung betrifft.“
Der Hollywoodschauspieler ist um die ganze Welt gereist, um für die Umwelt-Doku Trashed von Candida Brady zu werben, die sich mit der globalen Müllproblematik auseinandersetzt: „Wir kaufen etwas, werfen es weg, verbrennen es und dann ignorieren wir es“ , sagt Brady. „Zusammen mit Jeremy Irons als unseren Reiseführer entdecken wir, was mit den Milliarden Tonnen von Abfall geschieht, die jedes Jahr heimlich entsorgt werden.“
Seit der Weltpremiere bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes 2012 hat Trashed diverse Auszeichnungen und Preise auf internationalen Festivals erhalten.
Helen Hunt
Schauspielerin
„Ich arbeite mit der amerikanischen Firma Sungevity zusammen, die Sonnenkollektoren für Privathäuser vermietet. Sie versteht es, innovative ökologische Konzepte zu entwickeln, die auch ökonomisch erfolgreich sind. Das ist mein kleiner, aber kontinuierlicher Beitrag zum Umweltschutz. Ich denke, wenn jeder etwas dazu beiträgt, kann das im Endeffekt sehr viel bewirken.“