Um den CO2-Fußabdruck von Film- und Fernsehproduktionen zu berechnen, werden in verschiedenen Ländern und Regionen in Europa sowie den USA unterschiedliche CO2-Rechnern eingesetzt. In der Bachelorarbeit Möglichkeiten und Grenzen von CO2-Rechnern auf dem Weg zu nachhaltigen Film- und Fernsehproduktionen hat Martin Jetter, Absolvent der Hochschule der Medien Stuttgart, fünf CO2-Rechner in Hinblick auf ihren Aufbau und Methodik untersucht.
In den USA wird der CO2-Rechner PEAR (Production Environmental Acounting Report) eingesetzt, der vom PGA Green und der Sustainable Production Alliance (SPA) angeboten wird. In Frankreich arbeiten Produzenten mit der von Ecoprod entwickelten Carbon‘ Clap und in der belgischen Region Flandern mit E-Mission vom Vlams Audiovisuel Fonds (VAF). In Großbritannien bietet das von BAFTA geleitete albert Konsortium einen gleichnamigen Rechner an. In Deutschland hat KlimAktiv einen CO2-Rechner für die MFG Baden-Würtemberg konzipiert.
„Bei der Betrachtung ist zu erkennen, dass die fünf Rechner deutlich unterschiedliche Schwerpunkte setzen“, konstatiert Jetter, der beim Vergleich der CO2-Rechner sowohl Alleinstellungsmerkmale als auch Schwachstellen hervorgehoben hat. „Bestimmte Bereiche bleiben in manchen Rechnern komplett unbeachtet, teilweise fehlen breite Erfassungsmöglichkeiten oder es mangelt an Nutzerfreundlichkeit.“ Bei der CO2-Bilanzierung des Stroms beachten zum Beispiel nur PEAR, Albert und Carbon Clap die Herkunft der Emissionsquellen. Besonders bei Koproduktionen oder längeren Auslandsdrehs ist der Strommix im Herkunftsland von Bedeutung, der sich von Land zu Land erheblich unterscheiden kann, da die Primärenergie jeweils aus unterschiedlichen Quellen stammt.
Im Bereich Transport fällt beim Vergleich auf, dass sowohl bei PEAR Carbon Clap und dem MFG-Rechner Berechnungsmöglichkeiten für wichtige Transportbereiche wie Fracht, ÖPNV oder Schiffstransport fehlen. Bei PEAR und Albert wird das Catering komplett ausgespart, obwohl dies einen wichtigen Bereich bei Film-und Fernsehproduktionen darstellt. Bei PEAR und E-Mission werden keine Angaben zu Abfall und Entsorgung in die Berechnung mit einbezogen.
„Die Postproduktion wird von allen fünf Rechnern nur geringfügig betrachtet“, stellt Jetter fest. Während PEAR die Postproduktion nicht explizit einbezieht, ermöglichen Carbon Clap und E-Mission nur eine Eingabe der Tage und Kosten, die für die Postproduktion angefallen sind. Auch bei Albert und dem MFG-Rechner gibt es noch Optimierungsbedarf. Besonders der Stromverbrauch, welcher in der Postproduktion nicht nur durch Schnitt, Ton, Farbkorrektur, sondern besonders durch das Rendering erheblich sein kann, wird in allen fünf Rechnern gering bis mangelhaft betrachtet.
In den USA haben die großen Studios vor der Entwicklung des PEAR unterschiedliche Ansätze genutzt, um die CO2-Emisionen ihrer Produktionen zu bilanzieren, wie Audrey Vinant-Tang, Corporate Sustainability Manager, Viacom CBS erläutert. Dank der in PEAR eingesetzten einheitlichen Methodologie kann die Branche die CO2-Emissionen der unterschiedlichen Produktionen besser miteinander vergleichen. Ein zentraler Punkt beim Einsatz von CO2-Rechnern ist die Vor-und Nach-Bilanzierung, welche die Nutzer bei der Planung von Vermeidung von Ressourcen in der Planungsphase unterstützen soll. Erfolgt die Bilanzierung erst nach der Fertigstellung der Produktion, können die CO2-Emissionen nur noch gemessen, aber nicht mehr reduziert werden.
Ein länderspezifischer Rechner kann nicht problemlos für ein anderes Land adaptiert werden, denn für eine sachgemäße Erstellung einer CO2-Bilanz müssen entsprechende Anpassungen vorgenommen werden. Die aktuell existierenden CO-Rechner sind sehr unterschiedlich aufgebaut. Die Systemgrenzen jedes Rechners sind verschieden angelegt und die Tiefe der Eingabemöglichkeiten variiert stark zwischen den Rechnern. Um eine Standardisierung herbeizuführen, bedarf es einer einheitlichen Methodologie, die länderübergreifend etabliert wird. Die Bachelorarbeit Möglichkeiten und Grenzen von CO2-Rechnern auf dem Weg zu nachhaltigen Film- und Fernsehproduktionen von Martin Jetter steht als Download zur Verfügung.
“Die Medien spielen eine zentrale Rolle im Kampf gegen den Klimawandel. Es ist wichtig, in Filmen, im Fernsehen und all den anderen Auswertungskanälen immer wieder darauf hinzuweisen, dass es Lösungen gibt, die wir heute umsetzen können. Wir müssen die Menschen ansprechen und sie zum Handeln auffordern. Filme wie Avatar, The Day After Tomorrow und Dokus wie Years of Living Dangerously, bei der ich stolz darauf war, dabei sein zu können, sind sehr beliebt; sie erreichen und inspirieren Millionen von Menschen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass vor allem Filme mit ihrer starken Inspirationskraft die Menschen dazu bewegen können, selbst aktiv zu werden. Es ist großartig zu sehen, das einige meiner Freunde aus der Filmbranche mit Klimaschutzorganisationen zusammenarbeiten, um diese Nachrichten weiter zu verbreiten.“
"Es ist höchste Zeit, Dreharbeiten in Deutschland endlich ein wenig ‚grüner‘ und nachhaltiger zu organisieren. Bisher staune ich Bauklötze, wie umweltfeindlich der Großteil unserer Branche arbeitet.
Das fängt mit den bis heute nur einseitig bedruckten Drehbüchern an, geht mit den PET-Flaschen in Produktionsbüros und den Unmengen an Plastikmüll bei jedem Catering weiter und hört bei den dicken Limousinen zwecks Roter-Teppich-Vorfahrten leider nicht auf.
Ich lasse mich seit Jahren gerne belächeln, wenn ich mit meiner eigenen Tasse komme und mich weigere, von Papp- oder Plastiktellern und mit Plastik-Besteck Billigfleisch zu mampfen. Es wäre großartig, wenn der Grüne Drehpass hier etwas verändern könnte."
„Es ist fantastisch, dass sich mittlerweile Filmemacher auf der ganzen Welt zusammenreißen und versuchen, ihre Filme so nachhaltig wie möglich zu drehen. Ich denke, wir sollten die starke Kraft der bewegten Bilder nicht unterschätzen, welche die Herzen und Seelen der Menschen verändern.
Neben dem Versuch, in unserem eigenen Bereich umweltbewusster zu handeln, können wir auch das Bewusstsein dafür schärfen. Denn Kino kann die Welt verändern.Die Filmemacher sollten damit beginnen, diese wirkungsvolle Waffe einzusetzen und ihre Kamera in die Hand nehmen.
Lasst uns nicht nur versuchen, „weniger schlecht“ zu sein. Lasst uns versuchen, das Richtige zu tun, um eine Veränderung zu bewirken, die wir alle dringend benötigen.“
“Wir leben in einer Zeit, in der wir uns nicht mehr verantwortungslos der Natur gegenüber verhalten dürfen. Um so wichtiger ist es, dass auch Filmproduktionen versuchen, so umweltschonend wie möglich zu arbeiten. Ein Filmteam produziert jeden Tag Berge von Müll. Ich selbst versuche beim Dreh auf Plastikbecher zu verzichten, bringe meine eigene Tasse mit, benutze umweltfreundliche Kosmetika und vermeide unnötige Einzelfahrten.”
Foto ® Maddalena Arosio
Darren Aronofsky, Regisseur von Noah / Jurypräsident der 65. Internationalen Filmfestspiele Berlin
“Als wir Noah gefilmt haben, war uns klar, dass wir einen Film über den ersten Steward der Welt drehen, deshalb wollten wir selbst gute Stewards sein. Bei Dreharbeiten fällt in der Regel unglaublich viel Müll an. Durch Organisationen wie die Earth Angel waren wir in der Lage, das ein bisschen einzudämmen.”
„Wir sind grün. Bei einer Filmproduktion fällt sehr viel Müll an, was uns besonders bewusst wird, wenn große Sets abgebaut werden. Wir beteiligen uns deshalb stark an einem Recycling-Programm. Wir unternehmen all diese Anstrengungen, um so nachhaltig wie möglich zu sein.“
Vorsitzende des PGA Green West / Produzentin und Moderatorin von EcoPop TV
„Als Fernseh- und Filmproduzentin versuche ich, möglichst viele umweltfreundliche Handlungen in meine Geschichten einzubauen. Denn das ist genauso wichtig, wenn nicht sogar mehr, wie nachhaltig hinter den Kulissen zu arbeiten!
Zu diesem Zweck beteilige ich mich an PGA Green, der grünen Initiative des Producers Guild of America. Wir unterstützen Produzenten mit praktischen Ratschlägen und einem CO2– Rechner, damit sie nachhaltiger produzieren.
Wir haben in Partnerschaft mit den Hollywoodstudios den kostenlosen www.greenproductionguide.com kreiert, der als grüne Datenbank mit über 2.000 Lieferanten weltweit nachhaltige Produktionslösungen bietet!“
„Ich würde mich sehr freuen, wenn ich die Gelegenheit bekomme, in einem grünen Film mitzuspielen. Unsere Umwelt ist, was uns inspiriert, deshalb müssen wir sie schützen.“
Regisseur (Fraktus, Dorfpunks, Am Tag als Bobby Ewing starb)
„Es ist etwas peinlich, dass das grüne Thema jetzt erst in unserer Branche ankommt, denn es gibt schon lange viele Möglichkeiten, effizienter zu drehen.
Technische Innovationen wie energiesparende Beleuchtungstechnik sind dabei genauso wichtig wie die Sensibilität jedes einzelnen Team-Mitglieds.“
Douglas Trumbull, Produzent, Regisseur und Visual Effects Supervisor (2001: Odyssee im Weltraum, Blade Runner)
„Die Trumbull Studios in Massachusetts versuchen so grün zu sein wie möglich, wozu der Einsatz von LED-Scheinwerfern, Sonnenenergie und Solar-Laptops gehört. Und zwar nicht nur, weil die Stromstärke und der Drehstrom an unserem Standort begrenzt sind, sondern weil wir davon überzeugt sind, dass wir als Branche gegenüber der Allgemeinheit und unserem Planeten die Verantwortung haben, sauber zu produzieren.“
Wir planen, einen digitalen Film in 3D 4K mit 120 Bildern pro Sekunde an entlegenen, unzugänglichen Orten zu drehen, an denen es keinen Strom gibt. Solarstrom ist der Weg, den wir einschlagen müssen.“
Dieter Kosslick, Direktor der Internationalen Filmfestspiele Berlin
„Die Berlinale beschäftigt sich schon seit Jahren aktiv mit dem Thema Nachhaltigkeit. Wir begrüßen es sehr, dass nun eine wachsende Anzahl von Filmemachern, darunter unser diesjähriger Jury-Präsident Darren Aranofsky, am Set grünen Regeln folgt.“
Benoit Delhomme
Kameramann (Theory of Everything, The Most Wanted Man)
„Ich habe nie konkrete Vorgaben erhalten, wie ein grüner Film gedreht werden soll, aber wir versuchen, es umzusetzen. Das ist etwas Neues für mich.
Nachtszenen werden mitunter zu stark ausgeleuchtet. Ich vermeide das. Wenn ich etwas mit bloßem Auge sehen kann, reicht das auch für die Filmaufnahmen. So gesehen bin ich ein grüner Kameramann.“
Oscar-Preisträger Jeremy Irons, der in dem Berlinale-Wettbewerbsbeitrag Nachtzug nach Lissabon die Hauptrolle spielt, ist ein Fan der Mülltrennung. „Besonders in Deutschland hat sich viel getan. Ihr seid vorbildlich, was die Mülltrennung betrifft.“
Der Hollywoodschauspieler ist um die ganze Welt gereist, um für die Umwelt-Doku Trashed von Candida Brady zu werben, die sich mit der globalen Müllproblematik auseinandersetzt: „Wir kaufen etwas, werfen es weg, verbrennen es und dann ignorieren wir es“ , sagt Brady. „Zusammen mit Jeremy Irons als unseren Reiseführer entdecken wir, was mit den Milliarden Tonnen von Abfall geschieht, die jedes Jahr heimlich entsorgt werden.“
Seit der Weltpremiere bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes 2012 hat Trashed diverse Auszeichnungen und Preise auf internationalen Festivals erhalten.
Helen Hunt
Schauspielerin
„Ich arbeite mit der amerikanischen Firma Sungevity zusammen, die Sonnenkollektoren für Privathäuser vermietet. Sie versteht es, innovative ökologische Konzepte zu entwickeln, die auch ökonomisch erfolgreich sind. Das ist mein kleiner, aber kontinuierlicher Beitrag zum Umweltschutz. Ich denke, wenn jeder etwas dazu beiträgt, kann das im Endeffekt sehr viel bewirken.“