Zeitzeugen der bedrohten Ökosysteme

Die 20. Ausgabe des NaturVision Filmfestival in Ludwigsburg stand unter dem Leitthema „Umdenken“. In zahlreichen Dokumentarfilme wird nicht nur die Schönheit der Natur und ihre Artenvielfalt vor Augen geführt, sondern auch aufgezeigt, wie Umweltzerstörung und Klimawandel ihre Spuren hinterlassen. Dieses Genre wird immer mehr zu einem wichtigen Zeitzeugen, wie sehr diese Ökosysteme und unsere Welt dadurch bedroht sind, erklärt Green Film Shooting-Autor Bernd Jetschin, der einen filmischen Streifzug durch das vielfältige Programm mit mehr als 120 Filmen aus den Bereichen Natur, Wildlife, Umwelt und Nachhaltigkeit unternommen hat. Das Natur- und Umweltfestival, das zum zweiten Mal als Online-Event stattfand, lockt mittlerweile Besucher aus ganz Deutschland und Österreich an. Das diesjährige NaturVision Jubiläumsfestival verzeichnete 13.000 Zugriffe.

 

Der Kampf gegen Umweltzerstörung, für Demokratie und soziale Gerechtigkeit wird in vielen verschiedenen Regionen rund um den Globus ausgetragen. Für die Doku Dear Future Children hat der Stuttgarter Filmemacher Franz Böhm drei Aktivistinnen begleitet, die in Hongkong, Santiago de Chile und Uganda sich mutig gegen Mißstände auflehnen. Die Produktion erhielt den NaturVision Filmpreis Umdenken, mit dem das Festival Filme auszeichnet, die innovatives Denken vermitteln und dazu anregen, neue Wege zu beschreiten.

 

Den Umdenken-Sonderpreis erhielt der Dokumentarfilm Wem gehört mein Dorf von Christoph Eder, in dem eine Dorfgemeinschaft im Ostseebad Göhren sich gegen die Pläne eines Großunternehmers auflehnt, der bereits den Gemeinderat auf seine Seite gezogen hat. Auf unprätentiöse und unaufgeregte Art und Weise führt der Film vor, wie Bürgerengagement demokratisch mitwirken und mitentscheiden kann.

 

Expedition Arktis hat den deutschen Forschungs-Eisbrecher „Polarstern“ auf dem Weg zum Nordpol begleitet und den dort über ein Jahr im Eis stationierten Wissenschaftlern bei ihrer Arbeit über die Schulter geschaut, die dem Klimawandel in der Arktis mit ihrer Forschung auf den Grund zu gehen versuchen. Bei dieser einmaligen Forschungsmission konzentrierten sich die Forscher aus aller Welt in ihren jeweiligen Spezialgebieten auf die Details, die wie in einem Mosaik einmal das große Ganze erkennen lassen sollen. Die Wissenschaftler nehmen die Klimaprozesse der Zentralarktis unter die Lupe, um zu verstehen, was in der Atmosphäre, auf und in dem Eis und im Meer geschieht.

 

 

Welche Folgen die Klimaerwärmung für diese Eisregion und für die ganze Welt hat, thematisiert  der mit dem Deutschen Umwelt- und Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnete Dokumentarfilm Rentiere auf dem Eis. Die Regisseure Henry Mix und Boas Schwarz führen vor Augen, wie die Arktis zum Schmelztiegel für den Klimawandel geworden ist. Vor Ort können die Nomaden ihre Herden zeitweilig nicht mehr übers Eis aufs Festland treiben, weil die Schmelze schon zu weit fortgeschritten ist; hungrige Eisbären machen sich regelrecht über alles her, auch über noch nicht ausgebrütete Eier in den Vogelnestern. Der Film vermittelt, dass diese dramatischen Veränderungen in dieser Region nicht ohne Folgen für die Welt bleibt, weil die dort frei werdende Gase die Atmosphäre weiter aufheizen. In den Ebenen der russischen Tundra trocknen längst die Flüsse aus und in den Wäldern der Taiga kommt es vermehrt zu folgenschweren Bränden.

 

Von der Komplexität von Ökosystemen in der Natur handelt auch der Dokumentarfilm Der wilde Wald von Lisa Eder, die darin das Wildnisprojekt des Naturpark Bayerischer Wald an der tschechischen Grenze vorstellt. Dieser Nationalpark ist das größte Waldschutzgebiet Europas, das nicht bewirtschaftet wird: Ein Refugium der Artenvielfalt, in das der Mensch nicht eingreift und ein Lehrbeispiel dafür, wie sich die Natur selbst zu helfen weiß. Auch in dieser Wildnis hat bedingt durch lange trockene Sommer die Borkenkäferplage gewütet und ein Waldsterben ausgelöst. Aber dort griff niemand ein, um kranke Bäume zu fällen, sondern ließ es die Natur selbst richten. Ökologen und Forstwissenschaftler sprechen nicht von Kahlschlag, sondern Verjüngung, da sich der Wald recht schnell wieder erholt und neu wächst. Die Regisseurin Lisa Eder, die mit ihrem Film gerne Jugendliche ansprechen möchte, hat Preis der Jugendjury darin bestärkt, mit ihrem Film an Schulen zu gehen. An dem Festivalprogramm  NaturVision Umweltbildung haben in diesem Jahr  66 Schulen teilgenommen.

 

Um das Verständnis für Naturkreisläufe geht es auch in dem Film Festmahl der Tiere von Daniela Pulverer und Boris Raim, der mit dem Deutschen Filmpreis Biodiversität gekürt wurde. In eindringlichen Bildern und mit einer großen Liebe zum Detail zeigt  der erfahrene Tierfilmer und Produzent Klaus Scheurich wie tote Tierkadaver und totes Holz im Wald zur Nährquelle für neues Leben werden: Tiere, Käfer, Pilze und Maden halten den Kreislauf der begrenzten Ressourcen am Leben.

 

Fotos: © NaturVision

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