Von Insekten lernen

Umwelt- und Artenschutz sowie Nachhaltigkeit gehörten zu den beherrschenden Themen beim 16. NaturVision Filmfestival in Ludwigsburg. Green Film Shooting-Autor Bernd Jetschin hat dort großartige Natur- und Tierfilme sowie aufrüttelnde Umweltreportagen entdeckt. In einigen Filmen wurden zudem interessante Lösungsansätze aufgezeigt. So versuchen Wissenschaftler Erkenntnisse aus der Insektenwelt zu adaptieren, um einige Probleme der Menschheit besser in den Griff zu kriegen. Mit dem Sonderthema Die Stadt und das Meer haben die Festivalleiter Ralf Thoms und Kay Hoffmann einen besonderen Blick auf die Bedrohung der Weltmeere gelegt, deren Ökosysteme zunehmend durch das Leben in den Großstädten in Gefahr geraten.

 

Bei der feierlichen Preisverleihung wurden in elf Kategorien Gewinner mit Prämien ausgezeichnet. Erstmals konnte das Festival Preisgelder in Höhe von 46 000 Euro vergeben. Rund 130 Filme zu Natur-, Umwelt und Artenschutzthemen haben dem Festival-Publikum im Central Theater und beim großen Open Air auf dem Arsenalplatz die Vielfalt der Natur, aber auch die Notwendigkeit ihrer Erhaltung näher gebracht. In dem Eröffnungsfilm Leuchtfeuer des Lebens haben Joe Loncraine und Paul Reddish in phantastischen Bildern das Phänomen der Biolumineszenz auf die Leinwand  gebannt: leuchtende Würmer, glimmende Pilze und funkelnde Muschelkrebse bei der Partnersuche oder beim Beutefang.

 

So schöne Naturbilder und unberührte Wildlifeszenarien die Objektive auch einfangen, von heiler Natur kann in vielen Fällen kaum die Rede sein. Deshalb weisen zahlreiche Filme auf die Gefährdung der Artenvielfalt hin durch Klimawandel, Ressourcenausbeutung und industrielle Landwirtschaft. Mit den Auswirkungen von genmanipuliertem Saatgut und dem Einsatz von Chemiedünger setzt sich etwa der Film Code of Survival – die Geschichte vom Ende der Gentechnik von Bertram Verhaag auseinander und stellt Projekte ökologischer und nachhaltiger Landwirtschaft gegenüber.

 

Natur- und Wildlife-Filme bringen die Schönheit und Vielfalt der Erde auf die Leinwand und kritische Umweltreportagen greifen brisante Themen auf und rufen dazu auf, bedrohte Arten zu schützen wie etwa der Schauspieler und Naturschützer Hannes Jaenicke mit der ZDF-Doku Im Einsatz für Delfine oder auch der Schauspieler Andreas Hoppe, der sich für seinen MDR-Film Schüsse in der Wolfsheide zusammen mit Artenschützern auf die Suche nach den Verantwortlichen für Wolfstötungen in Deutschland begeben hat – ein investigativer Thriller, der deutlich macht, dass die Rückkehr des Wolfes in Zentraleuropa offenbar nicht von allen gewünscht ist.

 

In der Sonderreihe Die Stadt und das Meer präsentierte das Festival Filme, die sich mit den Gefährdungen der Ozeane durch das urbane Leben und die industrielle Landwirtschaft auseinandersetzen. Mikroplastik, das in vielen Funktionskleidern und in Kosmetika verwendet wird, gerät über die Abwässer  ins Meer und richtet dort nachhaltig Schaden an wie Plastikabfälle, Gülle und Chemiedünger. In der für den ORF produzierten Doku Die Karibik – Die Jäger führt Michael Schlamberger  vor Augen, wie leicht das ökologische Gleichgewicht und die Biodiversität der Meere durch Eingriffe des Menschen gestört werden und die Unterwasserwelt aus dem Ruder zu laufen droht.

 

Dank dem Engagement von Naturschützern werden immer mehr Schutzräume für bedrohte Räume und Arten eingerichtet und den Delfin-Entertainmentparks ein Ende bereitet. Der Sonderpreis der Reihe Die Stadt und das Meer ging an die Dokumentation Schwarze Tränen der Meere über im II. Weltkrieg versenkte Schiffe, deren Wracks heute als tickende Zeitbomben auf dem Meeresgrund nahe der Küsten liegen. Es droht die Gefahr, dass bald das Schweröl aus den rostenden Tanks austritt.

 

 

Der vom Bundesministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft gestiftete Deutsche Umwelt- und Nachhaltigkeitspreis im Wert von 10.000 Euro sowie der Preis der Jugendjury ging an Insekten, Superhelden auf sechs Beinen. In dieser Dokumentation, die Björn Platz mit dem a&o buero filmproduktion für den NDR und Arte realisiert hat, wird deutlich, dass Insekten weitaus mehr als lästige Krabbeltiere sind. Einige dieser kleinen Spezies wie Marienkäfer, Ameisen, Seidenraupen und Kartoffelkäfer können helfen, unsere größten Probleme zu lösen. Das Potenzial reicht dabei von der Entwicklung neuer Biomaterialien über den Kampf gegen Verkehrsprobleme bis hin zur Erforschung besserer Antibiotika. " Die unglaublichen Anpassungsfähigkeit der über eine Million Arten von Insekten fasziniert den deutschen Professor Andreas Vilcinkas, der am Technologie- und Innovationszentrum Gießen (TIG) Insektenbiotechnologie erforscht. Die Insekten in ihrer Gänze sind für mich ein riesiger Wirkstoffschrank", erklärt der Insektenforscher. "Die Frage ist nur, wie kann ich diesen zum Wohle der Menschheit  erschließen."

 

 

Den Sonderpreis der Jury erhielt der Film Inseln wie im Paradies – Die Herrschaft der Sonne, in dem Matt Hamilton und Paul Reddish das komplexe Ökosystem des Regenwaldes zeigen, wobei sie das Wechselspiel aus Licht und Schatten als eine ästhetische Herausforderung begriffen habe. Als Produzenten für die faszinierende Doku zeichnen das Terra Mater Factual Studio, in Wien, die deutsche Firma Doclights sowie der National Geographic Channel verantwortlich.

 

Fotos: © a&o buero filmproduktion; Sabine Hackenberg/ NaturVision;  ZDF

 

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